Der schnitt des chinesischen wacholders ist eine kunst, die mit bedacht und verständnis für die wuchseigenschaften der pflanze ausgeführt werden sollte. Während viele sorten auch ohne regelmäßigen schnitt eine ansprechende form entwickeln, ermöglicht ein gezielter eingriff die förderung einer dichteren struktur, die erhaltung einer bestimmten form oder die korrektur von fehlentwicklungen. Das wichtigste prinzip dabei ist zu wissen, dass der chinesische wacholder nicht aus dem alten, unbenadelten holz austreibt. Jeder schnitt muss daher sorgfältig geplant sein, um die pflanze nicht dauerhaft zu schädigen.
Grundlagen und der richtige zeitpunkt
Bevor du zur schere greifst, ist es unerlässlich, die grundregel für den wacholderschnitt zu verinnerlichen: schneide niemals bis ins alte, kahle holz zurück. Im gegensatz zu vielen laubgehölzen besitzt der wacholder keine schlafenden augen im alten holz, aus denen er neu austreiben könnte. Ein schnitt in einen bereich ohne grüne nadeln oder schuppen hinterlässt ein kahles loch, das sich nicht wieder schließen wird. Jeder schnitt muss daher so gesetzt werden, dass am verbleibenden zweigstück noch ausreichend grüne nadeln vorhanden sind.
Der beste zeitpunkt für den schnitt ist das frühjahr, kurz bevor der neue austrieb beginnt, etwa von ende märz bis anfang mai. Zu diesem zeitpunkt heilen die schnittwunden schnell und der nachfolgende wachstumsschub kaschiert die schnittstellen rasch. Ein weiterer günstiger zeitraum ist der spätsommer, etwa von ende august bis anfang september. Ein schnitt zu dieser zeit sollte jedoch weniger umfangreich sein, damit die pflanze vor dem winter noch genügend zeit hat, sich zu erholen.
Vermeide einen schnitt in der prallen sommerhitze, da dies zu einem starken austrocknen der schnittstellen führen und die pflanze unnötig stressen kann. Ebenso ungeeignet ist der späte herbst oder der winter. Ein später schnitt regt eventuell einen neuen austrieb an, der vor dem frost nicht mehr ausreifen kann. Zudem heilen die wunden bei kälte nur sehr langsam, was das eindringen von krankheitserregern begünstigen kann.
Verwende für den schnitt immer scharfes und sauberes werkzeug. Eine scharfe gartenschere oder heckenschere erzeugt glatte schnittflächen, die besser verheilen als gequetschte oder ausgefranste wunden. Reinige dein werkzeug vor dem gebrauch und auch zwischendurch, besonders wenn du von einer pflanze zur nächsten wechselst, um die übertragung von krankheiten zu vermeiden. Eine desinfektion mit spiritus ist hierfür eine einfache und wirksame methode.
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Der formschnitt zur förderung der dichte
Ein regelmäßiger formschnitt dient dazu, den wacholder in einer bestimmten geometrischen form zu halten oder seinen natürlichen wuchs zu unterstützen und zu verdichten. Dies ist besonders bei hecken, formgehölzen oder bodendeckern relevant. Der schlüssel zu einem dichten wuchs liegt darin, die jungen, grünen triebspitzen regelmäßig einzukürzen. Dies regt die pflanze an, sich an den schnittstellen weiter zu verzweigen, was zu einer kompakteren und blickdichteren struktur führt.
Beginne mit dem formschnitt bereits bei jungen pflanzen, um von anfang an die gewünschte grundstruktur aufzubauen. Schneide dabei immer nur die weichen, grünen spitzen des diesjährigen zuwachses zurück. Bei einer hecke solltest du darauf achten, sie nach oben hin leicht zu verjüngen, also unten breiter als oben zu schneiden. Diese trapezform stellt sicher, dass auch die unteren partien der hecke genügend licht bekommen und nicht verkahlen.
Bei bodendeckenden wacholdersorten kann ein formschnitt helfen, sie in ihren grenzen zu halten und ein dichtes wachstum zu fördern. Kürze zu lang gewordene triebe ein, um zu verhindern, dass sie über wege oder in andere beete wachsen. Auch hier regt das einkürzen der spitzen die verzweigung an und führt zu einem dichteren, unkrautunterdrückenden teppich.
Der formschnitt ist keine einmalige aktion, sondern ein kontinuierlicher prozess, der je nach wuchsstärke der sorte ein- bis zweimal im jahr durchgeführt werden sollte. Es ist immer besser, regelmäßig und wenig zu schneiden, als selten und dafür radikal eingreifen zu müssen. Mit dieser methode des „zupfens“ oder „pincierens“ der spitzen erhältst du die vitalität der pflanze und vermeidest den gefürchteten schnitt ins alte holz.
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Der auslichtungsschnitt für gesundheit und licht
Ein auslichtungsschnitt hat primär das ziel, die gesundheit der pflanze zu fördern, indem er für eine bessere luft- und lichtzirkulation im inneren der krone sorgt. Mit der zeit können wacholder, besonders dicht wachsende sorten, im inneren sehr kompakt werden. Dies kann dazu führen, dass die inneren partien aufgrund von lichtmangel absterben und sich feuchtigkeit lange hält, was pilzkrankheiten begünstigt.
Beim auslichtungsschnitt werden gezielt einzelne, ganze äste oder zweige entfernt. Suche nach zweigen, die sich kreuzen, aneinander reiben oder zu dicht nach innen wachsen. Entferne diese zweige direkt an ihrem ursprung, also am nächstgrößeren ast oder am stamm. Dieser schnitt öffnet die struktur der pflanze, lässt mehr licht und luft ins innere und reduziert die konkurrenz zwischen den ästen.
Entferne im rahmen des auslichtungsschnitts auch alles tote, kranke oder beschädigte holz. Totholz ist nicht nur unansehnlich, sondern kann auch als eintrittspforte für krankheiten und schädlinge dienen. Schneide solche äste immer bis ins gesunde, lebende gewebe zurück. Achte dabei auf einen sauberen schnitt direkt am astkragen, dem wulstigen übergang zum stamm, ohne diesen zu verletzen.
Ein auslichtungsschnitt sollte mit bedacht und nicht zu radikal durchgeführt werden. Entferne nie mehr als etwa ein viertel der gesamten nadelmasse auf einmal, um die pflanze nicht zu stark zu schwächen. Diese art des schnitts ist nicht jedes jahr notwendig, sondern wird bei bedarf alle paar jahre durchgeführt, um die grundstruktur der pflanze zu erhalten und ihre langfristige vitalität zu sichern.
Radikaler rückschnitt: was ist möglich?
Die frage nach einem radikalen verjüngungsschnitt bei einem zu groß gewordenen oder verformten wacholder ist eine der häufigsten, aber auch heikelsten. Wie bereits mehrfach betont, ist die fähigkeit des chinesischen wacholders, aus altem holz neu auszutreiben, extrem begrenzt bis nicht vorhanden. Ein radikaler rückschnitt, bei dem die pflanze bis auf den dicken stamm oder die kahlen hauptäste zurückgeschnitten wird, führt in den allermeisten fällen zum absterben der pflanze.
Wenn ein wacholder zu groß geworden ist, gibt es kaum eine möglichkeit, ihn signifikant zu verkleinern, ohne seine form und gesundheit zu zerstören. Die einzige option ist ein schrittweiser rückschnitt über mehrere jahre. Dabei kannst du versuchen, jedes jahr einige der ältesten und längsten äste stärker zurückzunehmen, aber immer nur bis zu einem punkt, an dem sich noch ein vitaler, grüner seitentrieb befindet. Dieser seitentrieb kann dann die funktion der spitze übernehmen. Diese methode ist jedoch sehr langwierig und der erfolg ist ungewiss.
Bevor du einen radikalen eingriff in erwägung ziehst, solltest du ehrlich prüfen, ob die pflanze nicht einfach für den gewählten standort zu groß geworden ist. Oft ist es die bessere und letztendlich ästhetisch befriedigendere lösung, die zu große pflanze zu entfernen und durch eine neue, von vornherein kleiner bleibende sorte zu ersetzen. Dies erspart dir jahrelange mühen mit einem ungewissen ausgang und ermöglicht einen neuanfang mit einer passenden pflanze.
Die beste strategie, um einen radikalen rückschnitt zu vermeiden, ist vorausschauende planung. Informiere dich vor dem kauf über die endgültige wuchshöhe und -breite der gewählten sorte und gib ihr von anfang an genügend platz. Ein regelmäßiger, sanfter formschnitt von klein auf verhindert, dass die pflanze außer kontrolle gerät und hält sie dauerhaft in der gewünschten größe, ohne dass drastische maßnahmen notwendig werden.
Spezialschnitt: bonsai und niwaki
Der schnitt von chinesischem wacholder, der als bonsai oder im japanischen gartenstil (niwaki) gestaltet wird, ist eine hochspezialisierte form der gartenkunst. Hier geht es nicht nur um die erhaltung der gesundheit, sondern vor allem um die ästhetische gestaltung und die schaffung eines miniaturisierten abbildes eines alten baumes. Diese schnitttechniken erfordern viel wissen, geduld und künstlerisches empfinden.
Beim bonsai-schnitt wird zwischen dem gestaltungsschnitt und dem erhaltungsschnitt unterschieden. Der gestaltungsschnitt, der hauptsächlich im frühjahr durchgeführt wird, legt die grundstruktur des baumes fest, indem dickere äste entfernt oder eingekürzt werden. Hierbei werden oft spezielle werkzeuge wie konkavzangen verwendet, die wunden erzeugen, die besser verheilen und eine unauffälligere narbe hinterlassen. Äste werden zudem oft mit draht in die gewünschte form gebracht.
Der erhaltungsschnitt findet während der gesamten wachstumsperiode statt und dient dazu, die feine verzweigung und die dichten nadelpolster zu erhalten. Dabei werden die neuen triebe nicht mit der schere geschnitten, sondern mit den fingern gezupft. Das zupfen der triebspitzen fördert eine sehr feine verzweigung und verhindert das entstehen von langen, geraden trieben. Dies ist eine sehr meditative und präzise arbeit.
Ähnliche prinzipien gelten für die gestaltung von niwaki im garten, bei denen oft malerische, wolkenartige strukturen (tamamono) an den astenden geformt werden. Auch hier wird durch regelmäßiges zupfen und schneiden der jungen triebe die dichte der „wolken“ erhalten und ihre form definiert. Dieser schnitt ist extrem arbeitsintensiv, führt aber zu beeindruckenden, skulpturalen pflanzen, die das zentrum einer jeden gartengestaltung bilden können.