Die japanische Zierkirsche ist berühmt für ihre von Natur aus malerische und harmonische Wuchsform. Aus diesem Grund gehört sie zu den Gehölzen, die nur sehr zurückhaltend geschnitten werden sollten. Ein falscher oder zu starker Schnitt kann ihre natürliche Schönheit empfindlich stören und dem Baum mehr schaden als nutzen. Dennoch gibt es Situationen, in denen ein gezielter Eingriff mit der Schere notwendig und sinnvoll ist, um die Gesundheit des Baumes zu erhalten, seine Form zu korrigieren oder die Blütenbildung zu fördern. Das Wissen um den richtigen Zeitpunkt, die passende Technik und das richtige Maß ist entscheidend für einen erfolgreichen Schnitt. Dieser Fachartikel erklärt dir detailliert, wann und wie du deine Zierkirsche fachgerecht schneidest.
Im Gegensatz zu Obstbäumen, bei denen der Schnitt primär der Ertragssteigerung dient, verfolgt der Schnitt bei der Zierkirsche vor allem ästhetische und pflanzengesundheitliche Ziele. Das Hauptmotto lautet: „So viel wie nötig, so wenig wie möglich.“ Der beste Schnitt ist oft der, den man später nicht mehr sieht. Radikale Rückschnitte ins alte, dicke Holz sollten unbedingt vermieden werden, da die Zierkirsche aus solchem Holz nur schlecht oder gar nicht mehr austreibt. Solche Eingriffe führen zu unschönen „Löchern“ in der Krone und können die Lebensdauer des Baumes verkürzen.
Die wichtigste Schnittmaßnahme ist das regelmäßige Entfernen von totem, krankem oder beschädigtem Holz. Solche Äste stellen eine ständige Infektionsquelle dar und sollten bei Entdeckung sofort entfernt werden, unabhängig von der Jahreszeit. Ein weiterer wichtiger Grund für einen Schnitt ist das Auslichten der Krone. Wenn Äste zu dicht stehen, sich kreuzen oder aneinander reiben, behindern sie die Luftzirkulation und das Eindringen von Licht. Eine offene, luftige Krone trocknet nach Regen schneller ab, was das Risiko von Pilzkrankheiten wie der Monilia-Spitzendürre deutlich reduziert.
Der natürliche Habitus, also die angeborene Wuchsform der jeweiligen Sorte, sollte beim Schnitt immer respektiert und gefördert werden. Eine säulenförmig wachsende Sorte wird anders geschnitten als eine Sorte mit breiter, schirmförmiger oder hängender Krone. Ziel ist es, die charakteristische Form zu unterstreichen und nicht, dem Baum eine unnatürliche Form aufzuzwingen. Ein guter Schnitt arbeitet mit dem Baum, nicht gegen ihn.
Bevor du zur Schere greifst, nimm dir Zeit, den Baum von allen Seiten zu betrachten und plane deine Schnitte sorgfältig. Markiere die Äste, die du entfernen möchtest, eventuell mit einem farbigen Band. Verwende immer scharfes und sauberes Werkzeug, um glatte Schnittwunden zu erzeugen, die schnell verheilen. Eine Astsäge für dickere Äste und eine Bypass-Schere für dünnere Zweige sind die idealen Werkzeuge. Desinfiziere dein Werkzeug zwischen den Schnitten, besonders wenn du krankes Holz entfernst.
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Der richtige zeitpunkt für den schnitt
Die Wahl des richtigen Schnittzeitpunktes ist bei der japanischen Zierkirsche von entscheidender Bedeutung, um den Baum nicht zu schwächen und die Blüte nicht zu beeinträchtigen. Der absolut beste Zeitpunkt für die meisten Schnittmaßnahmen ist direkt nach der Blüte, also im späten Frühling oder Frühsommer, etwa von Mai bis Juni. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich der Baum in voller Wachstumsphase und hat genügend Kraft, die entstandenen Schnittwunden schnell zu verschließen. Dies minimiert das Risiko, dass Krankheitserreger wie Pilze oder Bakterien in das Holz eindringen können.
Ein weiterer entscheidender Vorteil des Sommerschnitts ist, dass du die volle belaubte Krone vor dir siehst. Dadurch kannst du die Dichte der Krone viel besser beurteilen und gezielt Äste entfernen, die für zu viel Schatten im Inneren sorgen. Du siehst sofort, wie sich das Entfernen eines Astes auf den Lichteinfall und die Gesamtform auswirkt. Zudem hat der Baum nach dem Schnitt noch genügend Zeit, neue Knospen für das kommende Jahr zu bilden.
Ein Schnitt im Winter, während der Vegetationsruhe, ist bei Zierkirschen nicht empfehlenswert. Die Wundheilung ist bei kalten Temperaturen stark verlangsamt oder findet gar nicht statt. Die offenen Wunden sind über einen langen Zeitraum den winterlichen Witterungsbedingungen ausgesetzt und bieten eine ideale Eintrittspforte für holzzersetzende Pilze und andere Krankheiten. Außerdem würdest du bei einem Winterschnitt unweigerlich einen Großteil der bereits im Vorjahr angelegten Blütenknospen entfernen und dich so um die Blütenpracht des kommenden Frühlings bringen.
Eine Ausnahme von dieser Regel ist das Entfernen von totem Holz. Abgestorbene Äste können und sollten zu jeder Jahreszeit entfernt werden, sobald man sie entdeckt. Da hierbei nicht ins lebende Gewebe geschnitten wird, spielt die Wundheilung keine Rolle. Je früher totes Holz entfernt wird, desto geringer ist die Gefahr, dass sich von dort aus Krankheiten auf den gesunden Teil des Baumes ausbreiten.
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Erziehungsschnitt bei jungen bäumen
In den ersten Jahren nach der Pflanzung kann ein sogenannter Erziehungsschnitt sinnvoll sein, um dem Baum zu einem stabilen und gut strukturierten Kronengerüst zu verhelfen. Das Ziel ist nicht, den Baum klein zu halten, sondern seine zukünftige Form positiv zu beeinflussen und strukturelle Probleme von vornherein zu vermeiden. Dieser Schnitt sollte sehr behutsam und über mehrere Jahre verteilt erfolgen.
Überprüfe den jungen Baum auf konkurrierende Leittriebe. Idealerweise sollte der Baum einen durchgehenden Mitteltrieb und mehrere seitlich abgehende, gut verteilte Seitenäste (Leitäste) haben. Wenn zwei Triebe steil nach oben wachsen und miteinander konkurrieren, entferne den schwächeren der beiden. Dies verhindert die Bildung von instabilen V-förmigen Gabelungen, die im Alter bei Sturm oder Schneelast leicht auseinanderbrechen können.
Entferne auch Äste, die in einem sehr spitzen Winkel vom Stamm abgehen. Solche Äste haben eine schwache Anbindung und neigen ebenfalls zur Bruchgefahr. Ideal sind Äste, die in einem Winkel von 45 bis 60 Grad vom Stamm abgehen. Zu tief sitzende Äste, die später den Durchgang unter dem Baum behindern könnten, können ebenfalls in jungen Jahren entfernt werden.
Der Erziehungsschnitt erfolgt ebenfalls am besten nach der Blüte. Kürze die ausgewählten Leitäste nicht einfach ein, sondern entferne unerwünschte Triebe immer vollständig am Astring, dem verdickten Übergang zum Stamm oder einem stärkeren Ast. Jeder Schnitt sollte gut überlegt sein. Oft ist es besser, im ersten Jahr nur einen oder zwei korrektive Schnitte durchzuführen und die weitere Entwicklung des Baumes im nächsten Jahr erneut zu beurteilen.
Auslichtungsschnitt bei älteren exemplaren
Bei älteren, etablierten Zierkirschen beschränkt sich der Schnitt in der Regel auf gelegentliche Auslichtungsmaßnahmen, die alle paar Jahre durchgeführt werden. Das Ziel des Auslichtungsschnitts ist es, die Krone luftig und lichtdurchlässsig zu halten. Dies verbessert nicht nur das Erscheinungsbild, sondern ist auch eine wichtige Maßnahme zur Krankheitsvorbeugung. Eine gut durchlüftete Krone trocknet schnell ab und bietet Pilzen schlechtere Lebensbedingungen.
Entferne bei diesem Schnitt alle nach innen wachsenden, sich kreuzenden und aneinander reibenden Äste. Solche Reibungsstellen führen zu Rindenverletzungen, die als Eintrittspforten für Krankheiten dienen. Entferne außerdem sogenannte Wasserschosse. Das sind dünne, senkrecht nach oben wachsende Triebe, die oft aus älteren Ästen oder dem Stamm sprießen, keine Blüten tragen und die Krone unnötig verdichten.
Schneide immer ganze Äste oder Triebe an ihrer Basis heraus. Das Einkürzen von Ästen in der Mitte führt oft zu einem unschönen, besenartigen Austrieb und sollte vermieden werden. Der Schnitt sollte so erfolgen, dass die natürliche Wuchsform des Baumes erhalten bleibt und die Krone nach dem Schnitt zwar lichter, aber immer noch harmonisch aussieht. Gehe behutsam vor und entferne nie mehr als ein Viertel der Kronenmasse auf einmal.
Bei hängenden Sorten (Trauer-Zierkirschen) kann es gelegentlich notwendig sein, die bis zum Boden reichenden Triebe etwas einzukürzen, um die Rasenpflege zu erleichtern oder einen Durchgang zu ermöglichen. Auch hier gilt: Kürze die Triebe so ein, dass der natürliche, fließende Charakter der Krone erhalten bleibt. Schneide am besten auf einen nach außen weisenden Seitentrieb, um den Neuaustrieb in die gewünschte Richtung zu lenken.
Die richtige schnitttechnik
Die korrekte Schnittführung ist entscheidend für eine schnelle Wundheilung. Setze den Schnitt immer direkt am Astring an. Der Astring ist der leicht verdickte Wulst am Übergang eines Astes zum Stamm oder zu einem stärkeren Ast. In diesem Bereich befinden sich besonders viele teilungsfähige Zellen, die für eine schnelle Überwallung der Wunde sorgen. Lasse keinen Stummel (Kleiderhaken) stehen, da dieser nicht mehr versorgt wird, abstirbt und zu Fäulnis im Hauptast führen kann.
Schneide aber auch nicht zu dicht am Stamm, also nicht in den Astring hinein. Dies würde eine unnötig große Wunde erzeugen und die Fähigkeit des Baumes zur Wundheilung beeinträchtigen. Der ideale Schnitt liegt direkt außerhalb des Astrings. Bei dickeren Ästen solltest du die Säge zunächst an der Unterseite des Astes einige Zentimeter vom Stamm entfernt ansetzen und ein Stück einsägen. Erst dann sägst du den Ast von oben durch. Dies verhindert, dass der Ast unter seinem eigenen Gewicht unkontrolliert abreißt und dabei einen langen Rindenstreifen vom Stamm mitreißt.
Die Verwendung von Wundverschlussmitteln nach dem Schnitt wird heutzutage von vielen Experten kritisch gesehen. Studien haben gezeigt, dass unter der Versiegelung oft ein feuchtes Klima entsteht, das die Entwicklung von holzzersetzenden Pilzen eher fördert als verhindert. Bei sauberen Schnitten an einem gesunden Baum und zum richtigen Zeitpunkt ist die natürliche Wundheilung des Baumes in der Regel der beste Schutz. Nur bei sehr großen Schnittwunden mit einem Durchmesser von über 10 cm oder bei Schnitten im Winter kann eine Behandlung der Wundränder mit einem speziellen Wundbalsam sinnvoll sein.
Scharfes Werkzeug ist das A und O. Eine stumpfe Schere oder Säge quetscht das Gewebe mehr als es zu schneiden, was zu ausgefransten Wundrändern führt, die schlecht heilen. Reinige deine Werkzeuge nach dem Gebrauch und öle sie leicht ein, um sie in gutem Zustand zu halten. Die Investition in hochwertiges Schnittwerkzeug zahlt sich durch gesündere Bäume und mehr Freude an der Gartenarbeit aus.