Die weißbeerige Mistel ist eine bemerkenswert robuste Pflanze, die selbst nur von sehr wenigen spezifischen Krankheiten und Schädlingen befallen wird. Ihre ledrigen Blätter und ihre besondere Lebensweise als Halbschmarotzer scheinen sie vor vielen der üblichen Pflanzenprobleme zu schützen. Die größte Bedrohung für die Gesundheit einer Mistel geht nicht von eigenen Pathogenen aus, sondern vom Gesundheitszustand ihres Wirtsbaumes. Wenn der Wirtsbaum durch Krankheiten oder Schädlinge geschwächt wird, leidet unweigerlich auch die Mistel, da ihre Lebensgrundlage, der Saftstrom des Baumes, beeinträchtigt wird. Daher muss die Betrachtung von Krankheiten und Schädlingen im Kontext der Mistel immer das gesamte System – Mistel und Wirt – umfassen.
Die Mistel selbst kann gelegentlich von bestimmten Pilzen befallen werden, dies ist jedoch relativ selten und führt meist nur zu unbedeutenden Blattflecken. Ein spezifischer Pilz, der gelegentlich auftritt, ist Pestalotiopsis visci, der kleine, dunkle Flecken auf den Blättern verursachen kann. Diese Infektionen sind in der Regel rein kosmetischer Natur und stellen keine ernsthafte Bedrohung für die Pflanze dar. Ein starker, gesunder Mistelbusch auf einem vitalen Wirt wird mit solchen kleineren Problemen problemlos fertig.
Auch im Bereich der Schädlinge gibt es nur wenige Spezialisten, die sich auf die Mistel spezialisiert haben. Dazu gehören einige wenige Arten von Schildläusen oder Blattflöhen, die aber nur selten in Massen auftreten und nennenswerten Schaden anrichten. Die meisten pflanzenfressenden Insekten meiden die Mistel, möglicherweise aufgrund der spezifischen Inhaltsstoffe wie Lektine und Viscotoxine, die für viele Organismen giftig sind. Die Robustheit der Mistel selbst ist also bemerkenswert hoch.
Die eigentliche Herausforderung und Gefahr liegt in den Krankheiten und Schädlingen, die den Wirtsbaum befallen. Ein Befall mit holzzersetzenden Pilzen wie dem Hallimasch oder dem Zunderschwamm, eine Infektion mit Bakterien wie dem Feuerbrand bei Obstbäumen oder ein massiver Angriff von Insekten wie dem Borkenkäfer oder Schwammspinner können den Wirtsbaum so stark schwächen, dass er abstirbt. In diesem Fall stirbt unweigerlich auch die Mistel, da ihre Wasser- und Nährstoffversorgung versiegt.
Die mistel als symptomverstärker
Interessanterweise kann die Mistel selbst die Anfälligkeit des Wirtsbaumes für bestimmte Probleme erhöhen. Durch den permanenten Wasser- und Nährstoffentzug schwächt sie den Baum und reduziert seine allgemeinen Abwehrkräfte. Ein durch Mistelbefall gestresster Baum ist weniger widerstandsfähig gegenüber sekundären Schädlingen und Krankheiten. Die Mistel agiert hier als Wegbereiter für andere Probleme, indem sie die Konstitution des Wirtes herabsetzt.
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Besonders deutlich wird dies bei der Anfälligkeit für Trockenstress und damit verbundene Schädlinge. Ein Baum, der durch Mistelbefall bereits an seiner Leistungsgrenze arbeitet, kann in einem trockenen Sommer schneller massive Schäden erleiden. Geschwächte Bäume werden wiederum bevorzugt von holzbohrenden Insekten wie dem Borkenkäfer befallen, die den Baum schließlich zum Absterben bringen können. Die Mistel ist hier nicht die primäre Ursache, aber ein entscheidender Faktor, der die Abwärtsspirale beschleunigt.
Auch die mechanische Belastung durch große, schwere Mistelbüsche kann zu Problemen führen. Das hohe Gewicht, besonders bei Nässe oder Schneelast, kann zum Bruch von Ästen führen. Diese Bruchstellen sind offene Wunden und damit ideale Eintrittspforten für holzzersetzende Pilze. So kann die Mistel indirekt dazu beitragen, dass der Baum von Fäulniserregern befallen wird, die seine Stabilität und Lebenserwartung stark reduzieren.
Die Pflege und Kontrolle von Krankheiten und Schädlingen muss sich also primär auf den Wirtsbaum konzentrieren. Alle Maßnahmen, die seine Vitalität und Widerstandskraft stärken – wie eine gute Wasser- und Nährstoffversorgung, ein fachgerechter Schnitt und die Vermeidung von Rindenverletzungen – helfen ihm, sowohl mit der Belastung durch die Mistel als auch mit anderen potenziellen Bedrohungen besser fertig zu werden.
Spezifische schädlinge der mistel
Obwohl Schädlinge an Misteln selten sind, gibt es doch einige wenige Spezialisten. Einer davon ist der Mistel-Blattfloh (Psylla visci). Die Larven dieses Insekts saugen an den jungen Trieben und Blättern der Mistel, was zu leichten Deformationen und klebrigen Honigtau-Ausscheidungen führen kann. In der Regel ist der Befall jedoch so gering, dass er keine Bekämpfungsmaßnahmen erfordert und das Wachstum der Mistel nicht wesentlich beeinträchtigt.
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Eine weitere, auf Misteln spezialisierte Insektengruppe sind die Mistelbohrer (Ixapion). Die Larven dieser kleinen Rüsselkäfer entwickeln sich im Inneren der Misteltriebe. Auch hier gilt, dass ein Befall meist unauffällig bleibt und nur bei sehr genauer Betrachtung entdeckt wird. Ein nennenswerter Schaden für die gesamte Mistelpflanze entsteht durch diese Insekten normalerweise nicht. Sie sind Teil des natürlichen Ökosystems, das sich um die Mistel gebildet hat.
Gelegentlich können auch unspezifische Schildlausarten an den Trieben der Mistel saugen. Ein starker Befall kann die Mistel schwächen und zu Rußtaupilzen führen, die sich auf den klebrigen Ausscheidungen der Läuse ansiedeln. Solche starken Befälle treten aber meist nur auf, wenn sowohl die Mistel als auch ihr Wirt bereits durch andere Faktoren geschwächt sind. In einem gesunden System werden solche Populationen durch natürliche Fressfeinde wie Marienkäfer und Florfliegen in Schach gehalten.
Eine Bekämpfung dieser spezifischen Mistelschädlinge ist in der Regel nicht notwendig und auch nicht praktikabel. Der Einsatz von Insektiziden in der Baumkrone wäre ökologisch bedenklich und würde auch viele Nützlinge schädigen. Da der Schaden meist gering ist, ist die beste Strategie, die Anwesenheit dieser spezialisierten Insekten als Teil der natürlichen Vielfalt zu akzeptieren und sich auf die Stärkung des Gesamtsystems zu konzentrieren.
Krankheiten des wirtsbaumes mit auswirkungen auf die mistel
Die Liste der potenziellen Krankheiten des Wirtsbaumes ist lang und baumartenspezifisch. Bei Apfelbäumen, einem häufigen Wirt, sind beispielsweise Apfelschorf, Obstbaumkrebs und Feuerbrand von großer Bedeutung. Jede dieser Krankheiten schwächt den Baum, reduziert seine photosynthetische Leistung und beeinträchtigt den Saftstrom, was sich direkt negativ auf die Versorgung der Mistel auswirkt. Eine Mistel auf einem von Obstbaumkrebs befallenen Ast wird oft ebenfalls kümmern und absterben.
Bei Laubbäumen wie Linden oder Ahorn können Blattfleckenkrankheiten, Echter Mehltau oder die Verticillium-Welke auftreten. Insbesondere die Verticillium-Welke, eine Pilzerkrankung, die die Wasserleitungsbahnen im Baum verstopft, ist für die Mistel fatal. Da ihre Wasserversorgung direkt von diesen Leitungsbahnen abhängt, führt eine solche Krankheit unweigerlich zum Absterben der Mistel, oft noch bevor der gesamte Baum betroffen ist.
Holzzersetzende Pilze stellen eine langfristige, aber sehr ernste Bedrohung dar. Sie dringen über Wunden in den Holzkörper ein und zersetzen langsam das stützende Gewebe, was zu Fäulnis und Instabilität führt. Ein Baum, der von solchen Pilzen befallen ist, kann äußerlich noch eine Weile gesund erscheinen, aber seine Lebensgrundlage wird von innen zerstört. Dies beeinträchtigt nach und nach auch die Versorgung der Mistel und führt letztendlich zum Bruch des Baumes und zum Tod beider Pflanzen.
Die Vorbeugung und Bekämpfung dieser Baumkrankheiten ist der beste Schutz für die Mistel. Dazu gehört ein fachgerechter Baumschnitt zur Entfernung von krankem und totem Holz, die Vermeidung großer Schnittwunden, die richtige Wundversorgung und die Auswahl resistenter Baumarten an geeigneten Standorten. Ein gesunder, gut gepflegter Baum ist die beste Versicherung für ein langes Leben der auf ihm wachsenden Mistel.
Prävention und integrierter pflanzenschutz
Die beste Strategie im Umgang mit Krankheiten und Schädlingen ist die Prävention. Ein starker, vitaler Wirtsbaum ist die Grundlage für alles. Dies wird durch eine standortgerechte Baumauswahl, eine gute Bodenvorbereitung bei der Pflanzung und eine kontinuierliche Pflege erreicht. Eine ausgewogene Wasser- und Nährstoffversorgung sowie die Förderung eines gesunden Bodenlebens stärken die natürlichen Abwehrkräfte des Baumes.
Der integrierte Pflanzenschutz bietet einen ganzheitlichen Ansatz. Er setzt auf die Förderung von Nützlingen im Garten, wie Vögel, Marienkäfer, Florfliegen und Schlupfwespen. Durch das Anlegen von Blühstreifen, das Aufstellen von Insektenhotels und den Verzicht auf breit wirkende chemische Pestizide wird ein ökologisches Gleichgewicht geschaffen, in dem sich Schädlinge nicht massenhaft vermehren können. Dies schützt den Wirtsbaum und damit auch die Mistel.
Regelmäßige Baumkontrollen sind unerlässlich, um Probleme frühzeitig zu erkennen. Mindestens zweimal im Jahr, einmal im belaubten und einmal im unbelaubten Zustand, sollte der Baum vom Stamm bis in die Krone auf Veränderungen, Schadsymptome oder Schädlinge untersucht werden. Frühzeitig erkannte Probleme lassen sich oft mit einfachen mechanischen oder biologischen Maßnahmen beheben, bevor sie zu einer ernsthaften Bedrohung für den Baum werden.
Sollte der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln unumgänglich sein, sollten biologische Präparate oder Mittel, die Nützlinge schonen, bevorzugt werden. Eine chemische Behandlung sollte immer die letzte Option sein und nur gezielt nach einer genauen Diagnose des Problems erfolgen. Die Gesundheit des gesamten Gartenökosystems sollte dabei immer im Vordergrund stehen, denn die Mistel ist nur ein kleiner, wenn auch faszinierender Teil dieses komplexen Gefüges.