Die korrekte überwinterung ist für zitronenbäume in unseren breitengraden die größte herausforderung, aber auch der entscheidende schlüssel für eine reiche blüte und ernte im folgenden jahr. Als subtropische gewächse sind sie nicht frosthart und müssen die kalte jahreszeit in einem geschützten quartier verbringen. Viele pflegefehler, die zu einem kümmerlichen aussehen oder sogar zum absterben der pflanze führen, passieren genau in dieser periode. Eine erfolgreiche überwinterung bedeutet, die bedingungen des natürlichen winterzyklus der pflanze bestmöglich zu imitieren, was eine anpassung von licht, temperatur und bewässerung erfordert. Das ziel ist es, dem baum eine gesunde ruhephase zu ermöglichen, in der er kraft für die kommende saison sammeln kann.
Der wichtigste grundsatz für die überwinterung lautet: je kühler der standort, desto dunkler darf er sein. Umgekehrt gilt: je wärmer der standort, desto mehr licht benötigt die pflanze. Diese faustregel ergibt sich aus der abhängigkeit des pflanzlichen stoffwechsels von der temperatur. An einem kühlen ort verlangsamt sich der stoffwechsel erheblich, die pflanze stellt ihr wachstum ein und geht in eine echte winterruhe. In diesem zustand ist auch ihr lichtbedarf minimal. An einem warmen standort hingegen bleibt der stoffwechsel aktiv, und die pflanze benötigt ausreichend licht für die photosynthese, um ihren energiehaushalt aufrechtzuerhalten.
Der ideale zeitpunkt für den umzug ins winterquartier ist gekommen, wenn die nächte dauerhaft kühler werden und die ersten leichten fröste drohen, meist im oktober oder anfang november. Ein plötzlicher schock durch einen zu späten umzug bei bereits sehr kalten temperaturen sollte vermieden werden. Bevor du den baum hereinholst, solltest du ihn gründlich auf schädlinge untersuchen und gegebenenfalls behandeln, um keine plagegeister mit ins haus zu schleppen. Ein leichter reinigungsschnitt, bei dem abgestorbene oder kranke äste entfernt werden, ist ebenfalls sinnvoll.
Die auswahl des richtigen winterquartiers ist die entscheidende weichenstellung für den erfolg. Nicht jeder raum ist geeignet, und die häufige überwinterung in einem normal beheizten, lichtarmen wohnzimmer ist oft die ursache für probleme wie massiven blattfall und schädlingsbefall. Die pflanze leidet hier unter dem missverhältnis von zu hohen temperaturen und zu wenig licht, was sie unter extremen stress setzt. Daher ist die suche nach einem kühlen und hellen platz die wichtigste aufgabe vor dem winter.
Es ist normal, dass der zitronenbaum nach dem umzug ins winterquartier einige blätter verliert. Dies ist eine natürliche reaktion auf den stress und die veränderten umweltbedingungen. Solange es sich nur um eine begrenzte anzahl von blättern handelt und die triebe gesund bleiben, besteht kein grund zur sorge. Ein massiver blattverlust deutet jedoch auf ein ernsthaftes problem mit den standortbedingungen hin, das umgehend korrigiert werden muss.
Das ideale winterquartier: hell und kühl
Das perfekte winterquartier für einen zitronenbaum ist ein ort, der hell ist und eine konstante temperatur zwischen 5 und 10 grad celsius aufweist. Bei diesen bedingungen kann die pflanze in eine optimale winterruhe verfallen, ihren stoffwechsel stark reduzieren und kraft für die blütenbildung im frühjahr sammeln. Diese kühle ruhephase ist ein wichtiger reiz, der die blühfreudigkeit fördert. Geeignete räume sind beispielsweise unbeheizte treppenhäuser mit einem großen fenster, kühle wintergärten, frostfreie gewächshäuser oder helle kellerräume.
Die pflegemaßnahmen in einem solchen idealen, kühlen winterquartier sind minimal. Die bewässerung wird drastisch reduziert. Gieße nur so viel, dass der wurzelballen nicht vollständig austrocknet. Je nach topfgröße und luftfeuchtigkeit kann dies bedeuten, dass du nur alle vier bis acht wochen eine kleine menge wasser geben musst. Die erde sollte sich an der oberfläche immer trocken anfühlen. Staunässe ist in dieser phase die größte gefahr und führt unweigerlich zu wurzelfäule.
Die düngung wird während der kühlen überwinterung komplett eingestellt. Da die pflanze nicht wächst, benötigt sie keine zusätzlichen nährstoffe. Eine düngung würde das empfindliche gleichgewicht stören und könnte die wurzeln schädigen. Beginne erst wieder mit dem düngen, wenn die pflanze im frühjahr mit dem neuen austrieb beginnt und an einen wärmeren, sonnigeren standort umzieht.
Achte auch im kühlen winterquartier auf eine ausreichende luftzirkulation. Gelegentliches lüften an frostfreien tagen hilft, die luftfeuchtigkeit zu regulieren und beugt der entstehung von pilzkrankheiten vor. Kontrolliere die pflanze trotzdem regelmäßig, aber seltener als im sommer, auf einen möglichen schädlingsbefall. In einem kühlen quartier fühlen sich die meisten schädlinge jedoch nicht wohl und vermehren sich kaum.
Die überwinterung im warmen wohnraum
Oftmals steht kein idealer kühler und heller raum zur verfügung, und die einzige option ist die überwinterung im beheizten wohnraum. Dies ist die schwierigste variante, da hier das verhältnis von wärme und licht meistens ungünstig ist. Die temperaturen liegen über 18 grad celsius, während die lichtintensität und -dauer im winter für den aktiven stoffwechsel der pflanze nicht ausreichen. Dieses ungleichgewicht führt zu stress, blattfall und einer hohen anfälligkeit für schädlinge, insbesondere spinnmilben.
Wenn du gezwungen bist, deinen zitronenbaum warm zu überwintern, musst du versuchen, die bedingungen so gut wie möglich zu optimieren. Wähle den absolut hellsten platz in der wohnung, idealerweise direkt an einem großen südfenster. Selbst dieser platz liefert im winter oft nicht genügend licht. Der einsatz einer speziellen pflanzenlampe für 10-12 stunden pro tag ist daher dringend zu empfehlen, um das lichtdefizit auszugleichen und der pflanze die notwendige energie für die photosynthese zu liefern.
Bei warmer überwinterung muss die bewässerung an die höheren temperaturen angepasst werden. Die pflanze verdunstet mehr wasser und benötigt daher häufigere gaben als im kühlen quartier. Dennoch ist der bedarf geringer als im sommer. Lasse die oberste erdschicht gut antrocknen, bevor du erneut gießt. Eine sehr zurückhaltende düngung, etwa alle sechs bis acht wochen mit einer stark verdünnten düngerlösung, kann sinnvoll sein, um den nährstoffverbrauch des aktiven stoffwechsels zu decken.
Das größte problem im warmen winterquartier ist die trockene heizungsluft. Sie begünstigt den befall mit spinnmilben und kann zu blattschäden führen. Erhöhe die luftfeuchtigkeit rund um die pflanze durch regelmäßiges besprühen mit kalkarmem wasser, das aufstellen von wasserbehältern oder den betrieb eines luftbefeuchters. Kontrolliere die pflanze wöchentlich sehr gründlich auf schädlinge, um bei einem befall sofort eingreifen zu können.
Pflegefehler im winter und ihre folgen
Der häufigste fehler bei der überwinterung ist die kombination aus einem zu warmen standort und zu wenig licht. Dies führt zum sogenannten „geilwuchs“, bei dem die pflanze lange, dünne und schwache triebe mit kleinen, hellgrünen blättern bildet. Diese triebe sind extrem anfällig für schädlinge und krankheiten und müssen im frühjahr meist zurückgeschnitten werden. Der massive abwurf von grünen blättern ist ebenfalls eine typische reaktion auf dieses licht-wärme-ungleichgewicht.
Ein weiterer fataler fehler ist die überwässerung, insbesondere im kühlen winterquartier. Der wasserbedarf ist in der ruhephase extrem gering. Zu häufiges oder zu reichliches gießen führt dazu, dass das substrat permanent nass bleibt. Die wurzeln bekommen keinen sauerstoff mehr, beginnen zu faulen und sterben ab. Die pflanze kann kein wasser mehr aufnehmen, die blätter welken und fallen ab – ein prozess, der trotz nasser erde stattfindet und oft fälschlicherweise zu noch mehr gießen verleitet, was das problem verschlimmert.
Das plötzliche aus- oder einräumen ohne eine phase der akklimatisierung kann die pflanze ebenfalls stark stressen. Gewöhne den baum im herbst schrittweise an die bedingungen im innenraum, indem du ihn zunächst nur nachts hereinholst. Im frühjahr solltest du ihn anfangs an einen schattigen, geschützten ort im freien stellen und ihn langsam über ein bis zwei wochen an die direkte sonne gewöhnen, um einen sonnenbrand auf den blättern zu vermeiden.
Auch eine falsche düngung im winter kann schaden anrichten. Das düngen im kühlen winterquartier ist tabu. Im warmen winterquartier kann eine zu starke düngung zu einer ansammlung von salzen im substrat führen, die die wurzeln schädigen. Wenn gedüngt wird, dann nur sehr schwach dosiert. Eine unzureichende kontrolle auf schädlinge kann dazu führen, dass sich eine population über den winter ungestört vermehrt und die pflanze im frühjahr stark geschwächt ist.
Die auswinterung im frühjahr
Die phase der auswinterung im frühjahr ist ebenso wichtig wie das einwintern im herbst. Der richtige zeitpunkt ist gekommen, wenn keine starken fröste mehr zu erwarten sind, in der regel nach den eisheiligen mitte mai. Ein zu frühes ausräumen kann zu frostschäden an den jungen, zarten trieben führen, die die pflanze nach dem winter gebildet hat. Beobachte die wettervorhersage genau und sei bereit, die pflanze bei unerwarteten kälteeinbrüchen kurzfristig wieder hereinzuholen oder mit einem vlies zu schützen.
Der übergang von drinnen nach draußen sollte schrittweise erfolgen, um die pflanze nicht zu schocken. Die blätter, die sich im winter im haus gebildet haben, sind nicht an die intensive UV-strahlung der direkten sonne gewöhnt. Stelle den zitronenbaum daher für die erste woche an einen schattigen oder halbschattigen, windgeschützten platz. Erst danach kannst du ihn langsam an sonnigere standorte gewöhnen. Dieser prozess der abhärtung verhindert sonnenbrand, der sich durch weiße oder braune flecken auf den blättern zeigt.
Mit dem umzug nach draußen und den steigenden temperaturen beginnt auch wieder die wachstumsphase. Passe die bewässerung entsprechend an. Der wasserbedarf wird nun stetig zunehmen. Beginne auch wieder mit der regelmäßigen düngung, sobald du die ersten anzeichen von neuem wachstum, wie das anschwellen der knospen oder den austrieb neuer blätter, erkennst. Beginne zunächst mit einer halben konzentration und steigere diese dann langsam auf die normale dosis.
Das frühjahr ist auch der ideale zeitpunkt für den hauptschnitt und das umtopfen, falls dies notwendig ist. Entferne die im winter gebildeten schwachen „geiltriebe“ und bringe die krone in form. Überprüfe den wurzelballen; wenn der topf stark durchwurzelt ist, gönne deinem zitronenbaum frische zitruserde und ein etwas größeres gefäß. Mit diesen maßnahmen gibst du der pflanze einen optimalen start in die neue vegetationsperiode.
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