Im kontext des gartenbaus wird der begriff „schnitt“ oft mit dem kürzen von ästen an bäumen oder dem stutzen von hecken in verbindung gebracht. Beim knoblauch ist die anwendung dieses begriffs anders, aber nicht weniger wichtig. Es gibt eine sehr spezifische und entscheidende schnittmaßnahme, die den ertrag bei bestimmten sorten erheblich steigern kann, während ein allgemeiner „rückschnitt“ der blätter der pflanze eher schaden würde. Das verständnis, was wann und warum geschnitten werden sollte – und was nicht – ist ein zeichen für fortgeschrittenes gärtnerwissen und führt direkt zu einer besseren ernte.
Der entscheidende schnitt: das entfernen des blütenschaftes
Die wichtigste und praktisch einzige schnittmaßnahme, die während des wachstums von knoblauch durchgeführt wird, ist das entfernen des blütenschaftes, auch als „scape“ bekannt. Diese maßnahme betrifft ausschließlich die sogenannten hardneck-sorten. Diese sorten bilden, wie ihr name schon sagt, einen harten, holzigen stiel in der mitte der knolle, der in einem blütenschaft aus der pflanze wächst. An dessen ende entwickelt sich eine kapsel, die bulbillen (kleine luftzwiebeln) zur vegetativen vermehrung enthält.
Die bildung dieses blütenstandes ist für die pflanze ein sehr energieaufwändiger prozess. Wenn der blütenschaft wachsen und bulbillen ausbilden darf, leitet die pflanze einen erheblichen teil ihrer durch photosynthese gewonnenen energie in diesen oberirdischen teil. Diese energie fehlt dann für die entwicklung der unterirdischen knolle, die das eigentliche ziel des anbaus ist. Folglich bleiben die knollen kleiner, wenn der schaft an der pflanze belassen wird.
Durch das abschneiden des blütenschaftes wird dieser energieabfluss gestoppt. Die pflanze wird gezwungen, die gesamte produzierte energie und die gespeicherten nährstoffe in das wachstum der knolle zu investieren. Studien und die erfahrung unzähliger gärtner haben gezeigt, dass das entfernen der schäfte zu einer steigerung der knollengröße von bis zu 30 prozent führen kann. Es ist also eine einfache, aber äußerst wirkungsvolle kulturmaßnahme zur ertragsmaximierung.
Softneck-sorten, die vor allem in wärmeren klimazonen angebaut werden, bilden unter normalen bedingungen keinen solchen harten blütenschaft. Bei ihnen entfällt diese schnittmaßnahme daher vollständig. Es ist also entscheidend zu wissen, welche art von knoblauch man anbaut – hardneck oder softneck –, um zu bestimmen, ob dieser schnitt notwendig ist oder nicht.
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Der richtige zeitpunkt und die technik
Der zeitpunkt für das entfernen des blütenschaftes ist entscheidend, um den maximalen nutzen aus dieser maßnahme zu ziehen. Man sollte warten, bis der schaft aus der mitte der pflanze gewachsen ist und begonnen hat, sich zu kräuseln oder eine oder zwei locken zu bilden. In diesem stadium ist der schaft noch zart und voller saft. Wartet man zu lange, bis sich der schaft aufrichtet und verholzt, hat die pflanze bereits einen großteil der energie investiert, und der vorteil des schnittes ist geringer.
Die technik des entfernens ist unkompliziert. Der schaft kann entweder mit einer scharfen gartenschere oder einem messer abgeschnitten oder, wenn er noch zart genug ist, einfach mit den fingern abgeknipst werden. Der schnitt sollte so tief wie möglich erfolgen, ohne dabei die eigentlichen laubblätter zu verletzen. Ein schnitt nahe am ansatz, wo der schaft aus dem obersten blattpaar hervortritt, ist ideal.
Es ist wichtig, beim schneiden nur den runden, festen blütenschaft zu entfernen und nicht die flachen, für die photosynthese wichtigen blätter. Jedes blatt, das entfernt wird, reduziert die fähigkeit der pflanze, energie zu produzieren, und wirkt sich somit negativ auf das knollenwachstum aus. Die blätter sollten bis zur ernte vollständig an der pflanze verbleiben, da sie bis zum schluss die knolle mit nährstoffen versorgen.
Nach dem abschneiden des schaftes konzentriert sich die pflanze, wie gewünscht, auf die knollenentwicklung. Dieser zeitpunkt, oft im juni, markiert den beginn der letzten phase des knollenwachstums. In den folgenden wochen bis zur ernte findet der größte teil des größenwachstums der knolle statt, angetrieben von der energie, die nun nicht mehr für die blütenbildung verschwendet wird.
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Kulinarische verwendung der abgeschnittenen schäfte
Die abgeschnittenen knoblauchschäfte sind keineswegs abfall, sondern eine saisonale delikatesse, die von kennern sehr geschätzt wird. Sie haben einen milden, aber dennoch deutlich knoblauchähnlichen geschmack, der weniger scharf ist als der der reifen zehen. Ihre textur ist knackig und saftig, ähnlich wie bei grünem spargel oder einer frühlingszwiebel. Ihre kulinarische verwendung ist äußerst vielseitig.
Die schäfte können roh oder gekocht verzehrt werden. Fein gehackt eignen sie sich hervorragend als würze für salate, dips, kräuterbutter oder frischkäse. Sie können auch wie schnittlauch oder frühlingszwiebeln als garnitur für suppen und andere gerichte verwendet werden. Ihr geschmack ist frisch und verleiht den speisen eine subtile knoblauchnote, ohne zu dominant zu sein.
Eine sehr beliebte zubereitungsart ist das anbraten oder grillen der schäfte. Kurz in olivenöl gebraten, entwickeln sie ein wunderbares aroma und werden zarter. Sie sind eine ausgezeichnete beilage zu fleisch- oder fischgerichten. Eine weitere fantastische verwendung ist die herstellung von pesto. Anstelle von basilikum und pinienkernen werden die knoblauchschäfte mit nüssen, parmesan und olivenöl zu einem hocharomatischen pesto verarbeitet, das hervorragend zu pasta passt.
Die schäfte können auch konserviert werden, zum beispiel durch einlegen in essig oder öl. Auf diese weise lässt sich ihr einzigartiger geschmack für die spätere verwendung bewahren. Die ernte der knoblauchschäfte bietet dem gärtner also quasi eine „vorab-ernte“, die die wartezeit auf die eigentlichen knollen auf köstliche weise verkürzt und die mühe des schnittes zusätzlich belohnt.
Warum ein rückschnitt der blätter schädlich ist
Im gegensatz zum gezielten entfernen des blütenschaftes ist ein allgemeiner rückschnitt der grünen laubblätter des knoblauchs kontraproduktiv und schädlich für die pflanze. Die blätter sind die „solarkraftwerke“ der pflanze. In ihnen findet die photosynthese statt, der prozess, der die energie für das gesamte pflanzenwachstum, einschließlich der knollenbildung, liefert. Jedes blatt, das abgeschnitten wird, reduziert die photosynthetische kapazität der pflanze.
Einige gärtnermythen behaupten, dass das kürzen der blätter die energie in die knolle lenken würde. Dies ist ein fundamentales missverständnis der pflanzenphysiologie. Die energie wird in den blättern produziert und dann zur knolle transportiert. Wenn man die produktionsstätte (das blatt) entfernt, gibt es keine energie mehr, die zur knolle transportiert werden kann. Ein solcher rückschnitt führt unweigerlich zu kleineren, schwächeren knollen.
Die blätter haben zudem eine weitere wichtige funktion. Jedes grüne blatt an der pflanze entspricht einer schutzhülle um die reifende knolle. Diese papierartigen hüllen sind entscheidend für den schutz der knolle im boden und vor allem für ihre lagerfähigkeit nach der ernte. Wenn blätter vorzeitig entfernt werden, bilden sich weniger schutzhüllen, was die knolle anfälliger für fäulnis und austrocknung während der lagerung macht.
Die blätter sollten daher während der gesamten wachstumsperiode unversehrt an der pflanze bleiben. Erst wenn sie im zuge des natürlichen reifeprozesses von unten her beginnen zu vergilben und absterben, haben sie ihre funktion erfüllt. Das vergilben ist ein zeichen dafür, dass die pflanze die nährstoffe und die energie aus dem blatt abgezogen und in die knolle eingelagert hat. Ein eingreifen in diesen natürlichen prozess durch einen schnitt ist nicht notwendig und schadet nur dem ernteerfolg.
Schnitt nach der ernte
Der einzige zeitpunkt, an dem ein größerer schnitt an der knoblauchpflanze sinnvoll und notwendig ist, ist nach der ernte und der anschließenden trocknungsphase. Nachdem der knoblauch geerntet und für zwei bis vier wochen an einem luftigen, schattigen ort getrocknet wurde, sind die stängel und wurzeln vollständig trocken und spröde. Jetzt können sie für die lagerung vorbereitet werden.
Die trockenen wurzeln werden mit einer schere oder einem messer direkt am knollenboden abgeschnitten. Dies dient der sauberkeit und verhindert, dass die wurzeln feuchtigkeit anziehen. Der trockene stängel wird ebenfalls gekürzt. Man lässt in der regel einen stängelansatz von etwa zwei bis drei zentimetern an der knolle stehen. Ein zu kurzer schnitt nahe an den zehen könnte eine eintrittspforte für fäulniserreger schaffen und die lagerfähigkeit beeinträchtigen.
Eine alternative zum abschneiden des stängels ist das flechten von knoblauchzöpfen, was besonders bei softneck-sorten mit ihren weichen, biegsamen stängeln gut möglich ist. In diesem fall werden die stängel natürlich nicht gekürzt, sondern nur die trockenen blattreste entfernt, bevor die knollen zu einem dekorativen und praktischen zopf geflochten werden. Die zöpfe können dann an einem kühlen, trockenen ort aufgehängt werden.
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Der einzige schnitt am wachsenden knoblauch ist das gezielte entfernen des blütenschaftes bei hardneck-sorten. Jeder andere schnitt an den blättern ist zu unterlassen. Der finale schnitt zur vorbereitung auf die lagerung erfolgt erst nach der vollständigen trocknung der geernteten pflanzen. Wer diese einfachen regeln befolgt, schafft die besten voraussetzungen für eine gesunde pflanzenentwicklung und eine reiche, lagerfähige ernte.
