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Das schneiden und zurückschneiden des wilden weins

Daria · 08.07.2025.

Der Wilde Wein ist eine Kletterpflanze von beeindruckender Wuchskraft, die innerhalb weniger Jahre große Flächen vollständig bedecken kann. Diese Vitalität ist einerseits ein Segen, da sie eine schnelle Begrünung ermöglicht, andererseits erfordert sie eine der wichtigsten Pflegemaßnahmen überhaupt: den regelmäßigen und konsequenten Rückschnitt. Ohne gezieltes Schneiden kann der Wilde Wein schnell außer Kontrolle geraten, empfindliche Bauteile wie Dachrinnen und Rollläden beschädigen oder Fenster und Türen überwachsen. Ein sachgerechter Schnitt hält die Pflanze nicht nur gesund und in der gewünschten Form, sondern sichert auch langfristig den Wert deiner Immobilie.

Der Schnitt des Wilden Weins dient mehreren wichtigen Zielen. Das offensichtlichste Ziel ist die Begrenzung des Wachstums. Du legst durch den Schnitt fest, wo die Pflanze wachsen darf und wo nicht. Dies ist unerlässlich, um zu verhindern, dass die Triebe unter Dachziegel, in Lüftungsschlitze oder hinter Holzverkleidungen wachsen, wo sie durch ihr Dickenwachstum erhebliche Schäden anrichten können. Ein regelmäßiger Schnitt schützt also die Bausubstanz deines Hauses und erspart dir aufwendige Reparaturen.

Ein weiteres Ziel ist die Förderung eines dichten und kompakten Wuchses. Indem du die Seitentriebe regelmäßig einkürzt, regst du die Pflanze zur Bildung neuer Verzweigungen an. Dies führt zu einem dichteren Blattvorhang und einer gleichmäßigeren Begrünung der gewünschten Fläche. Bei älteren Pflanzen, die im unteren Bereich verkahlen, kann ein gezielter Rückschnitt zudem die Bildung neuer Triebe aus der Basis anregen und die Pflanze so verjüngen.

Nicht zuletzt dient der Schnitt auch der Ästhetik. Du kannst den Wilden Wein in eine bestimmte Form schneiden, Fensterbögen akzentuieren oder klare Linien entlang der Architektur schaffen. Ein Formschnitt sorgt für ein gepflegtes Erscheinungsbild und integriert die Pflanze harmonisch in das Gesamtbild von Haus und Garten. Darüber hinaus ist das Entfernen von totem, krankem oder beschädigtem Holz eine wichtige Maßnahme der Pflanzenhygiene, die die Vitalität des Wilden Weins langfristig sichert.

Die gute Nachricht ist: Der Wilde Wein ist extrem schnittverträglich. Du kannst im Grunde nichts falsch machen, denn er treibt selbst nach einem radikalen Rückschnitt bis ins alte Holz zuverlässig wieder aus. Diese Verzeihlichkeit macht ihn auch für unerfahrene Gärtner zu einem idealen Kandidaten. Habe also keine Angst, beherzt zur Schere zu greifen; die Pflanze wird es dir mit kontrolliertem und gesundem Wachstum danken.

Der richtige zeitpunkt für den schnitt

Grundsätzlich kann der Wilde Wein das ganze Jahr über geschnitten werden, es haben sich jedoch zwei Haupt-Schnitttermine etabliert, die unterschiedliche Zwecke erfüllen. Der wichtigste Schnitt, der sogenannte Erhaltungsschnitt, erfolgt im späten Winter oder im zeitigen Frühjahr, idealerweise an einem frostfreien Tag zwischen Februar und Anfang April. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich die Pflanze noch in der Winterruhe, und das Fehlen der Blätter gibt dir einen perfekten Überblick über die Struktur der Triebe.

Beim Winterschnitt werden die grundlegenden Weichen für die kommende Saison gestellt. Du entfernst alles abgestorbene oder beschädigte Holz und legst die Grundform der Pflanze fest. Alle langen Seitentriebe, die im Vorjahr gewachsen sind, werden kräftig auf zwei bis drei Knospen (Augen) zurückgeschnitten. Aus diesen verbleibenden Knospen wird die Pflanze im Frühjahr neu austreiben und einen dichten Blätterteppich bilden. Gleichzeitig werden bei diesem Schnitt alle Triebe entfernt, die sich unerwünschten Bereichen wie dem Dach oder den Fenstern genähert haben.

Der zweite wichtige Schnittzeitpunkt ist während der Vegetationsperiode im Sommer, meist zwischen Juni und August. Dieser Sommerschnitt ist ein reiner Formschnitt und dient dazu, das überschwängliche Wachstum unter Kontrolle zu halten. Alle neuen Triebe, die zu lang werden, in die falsche Richtung wachsen oder drohen, Fenster und Türen zu blockieren, werden einfach eingekürzt. Es ist wesentlich einfacher, diese jungen, weichen Triebe rechtzeitig zu entfernen, als später verholzte Äste mühsam absägen zu müssen.

Ein Sommerschnitt kann bei stark wüchsigen Exemplaren mehrmals notwendig sein. Kontrolliere deine Pflanze während der Wachstumsphase regelmäßig, etwa alle paar Wochen, und entferne unerwünschte Ranken, solange sie noch jung sind. So verhinderst du, dass sich ihre Haftscheiben an Stellen festsetzen, wo sie später nur schwer zu entfernen sind, wie zum Beispiel auf Fensterscheiben oder Rollladenführungen. Dieser kontinuierliche, aber geringe Aufwand im Sommer erspart dir viel Arbeit beim Hauptschnitt im Winter.

Das richtige werkzeug und die schnitttechnik

Für den Schnitt des Wilden Weins benötigst du je nach Alter und Dicke der Triebe unterschiedliches Werkzeug. Für junge, dünne Triebe reicht eine scharfe und saubere Gartenschere (Rosenschere) vollkommen aus. Für dickere, bereits verholzte Äste ist eine stabilere Astschere mit längeren Griffen, die eine bessere Hebelwirkung ermöglicht, die richtige Wahl. Bei sehr alten, armdicken Haupttrieben, die bei einem Verjüngungsschnitt entfernt werden müssen, kann auch eine kleine Handsäge (Fuchsschwanz) notwendig werden.

Die Qualität und Sauberkeit deines Werkzeugs ist entscheidend für einen sauberen Schnitt und die Gesundheit der Pflanze. Stumpfe Klingen quetschen das Holz, anstatt es sauber zu durchtrennen. Die so entstehenden fransigen Wunden sind eine ideale Eintrittspforte für Krankheitserreger. Reinige deine Werkzeuge vor und nach dem Gebrauch und desinfiziere sie, insbesondere wenn du zuvor kranke Pflanzenteile geschnitten hast, beispielsweise mit Spiritus oder einer speziellen Werkzeugdesinfektion.

Die grundlegende Schnitttechnik ist einfach. Schneide immer leicht schräg, etwa einen halben bis einen Zentimeter über einer nach außen weisenden Knospe oder einem Seitentrieb. Ein schräger Schnitt sorgt dafür, dass Regenwasser gut ablaufen kann und nicht auf der Schnittfläche stehen bleibt, was Fäulnis begünstigen könnte. Schneide nicht zu dicht an der Knospe, um sie nicht zu verletzen, aber lasse auch keinen zu langen „Stummel“ stehen, da dieser absterben und ebenfalls zu einem Infektionsherd werden kann.

Bei einem radikalen Rückschnitt oder der Entfernung dicker Äste ist es ratsam, den Schnitt in zwei Schritten durchzuführen. Säge den Ast zunächst etwa 20-30 Zentimeter vom Stamm entfernt ab. Dies verhindert, dass der schwere Ast beim Fallen die Rinde am verbleibenden Stamm einreißt. Den verbliebenen Stummel kannst du dann in einem zweiten, sauberen Schnitt direkt am Haupttrieb entfernen. Dies sorgt für eine saubere Wundfläche, die von der Pflanze besser verschlossen werden kann.

Der erziehungsschnitt bei jungen pflanzen

In den ersten Jahren nach der Pflanzung ist der sogenannte Erziehungsschnitt entscheidend, um die Pflanze von Grund auf in die gewünschte Form zu bringen und eine stabile Grundstruktur aufzubauen. Im ersten Jahr lässt du die Pflanze zunächst wachsen, um sich gut zu etablieren. Wähle im darauffolgenden Winter die zwei bis fünf kräftigsten und am besten platzierten Haupttriebe aus, die das spätere Gerüst bilden sollen. Alle anderen, schwächeren Triebe werden direkt an der Basis entfernt.

Die ausgewählten Haupttriebe kürzt du um etwa ein Drittel ein. Dies regt die Pflanze an, sich von unten her gut zu verzweigen. Leite diese Haupttriebe in die gewünschte Richtung, um die zu begrünende Fläche optimal auszufüllen. Du kannst sie anfangs an einer Rankhilfe befestigen, bis sie sich selbstständig mit ihren Haftscheiben an der Wand verankert haben. In den folgenden Jahren wiederholst du diesen Prozess: Du verlängerst die Haupttriebe und schneidest alle davon abzweigenden Seitentriebe im Winter auf wenige Augen zurück.

Durch diesen gezielten Aufbau schaffst du ein stabiles und gut verteiltes Gerüst, von dem aus sich ein dichter Blattvorhang entwickeln kann. Du verhinderst so, dass die Pflanze nur mit wenigen langen Trieben nach oben strebt und im unteren Bereich kahl bleibt. Eine gut erzogene Pflanze ist später deutlich einfacher in Form zu halten und sieht wesentlich gepflegter aus als ein unkontrolliert gewachsenes Exemplar.

Auch während des Sommers solltest du bei jungen Pflanzen das Wachstum im Auge behalten. Entferne alle Triebe, die in die falsche Richtung wachsen oder die sich mit den ausgewählten Haupttrieben kreuzen. Konzentriere die Energie der Pflanze auf den Aufbau des von dir gewünschten Gerüsts. Dieser anfängliche Mehraufwand in den ersten zwei bis drei Jahren zahlt sich über die gesamte Lebensdauer der Pflanze aus.

Der verjüngungsschnitt bei alten pflanzen

Mit den Jahren können auch gut gepflegte Wilde Weine verkahlen, zu dicht werden oder einfach zu groß für ihren Standort werden. In solchen Fällen kann ein radikaler Verjüngungsschnitt wahre Wunder wirken. Da der Wilde Wein auch aus dem ältesten Holz wieder vital austreibt, kannst du die gesamte Pflanze im späten Winter bis auf eine Höhe von 30 bis 50 Zentimetern über dem Boden zurückschneiden.

Ein solch drastischer Eingriff sollte gut überlegt sein, da es einige Jahre dauern wird, bis die Pflanze wieder ihre alte Größe erreicht. Er bietet jedoch die einmalige Gelegenheit, die Pflanze komplett neu aufzubauen und eventuelle Bauschäden an der Fassade zu sanieren, die durch die alte Pflanze verdeckt waren. Nach dem Radikalschnitt kannst du die Pflanze wie eine junge Pflanze neu erziehen, indem du die kräftigsten neuen Triebe auswählst und als Gerüst für den Neuanfang leitest.

Eine etwas schonendere Methode der Verjüngung ist der schrittweise Rückschnitt über zwei bis drei Jahre verteilt. Im ersten Jahr schneidest du etwa ein Drittel der alten Haupttriebe stark zurück. Im zweiten Jahr nimmst du dir das nächste Drittel vor und so weiter. Auf diese Weise bleibt immer ein Teil der alten Belaubung erhalten, und das Erscheinungsbild der Fassade wird nicht so radikal verändert.

Unabhängig davon, für welche Methode du dich entscheidest, wird die Pflanze auf den starken Rückschnitt mit einem besonders kräftigen Neuaustrieb reagieren. Es ist wichtig, dieses neue Wachstum von Anfang an zu lenken und zu kontrollieren. Wähle die besten Triebe aus und entferne regelmäßig alle überzähligen und unerwünschten Triebe, um die Energie der Pflanze in die richtigen Bahnen zu lenken und eine gesunde, gut strukturierte Pflanze für die Zukunft aufzubauen.

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