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Die Überwinterung der Edelkastanie

Daria · 22.05.2025.

Die erfolgreiche Überwinterung der Edelkastanie ist, insbesondere in den ersten Lebensjahren und in Regionen mit strengen Wintern, ein entscheidender Aspekt für die Etablierung eines gesunden und langlebigen Baumes. Obwohl ältere, gut etablierte Edelkastanien eine beachtliche Winterhärte aufweisen und Temperaturen bis zu -20°C oder sogar darunter tolerieren können, sind junge Bäume deutlich empfindlicher gegenüber Frost, kalten Winden und starker Wintersonne. Gezielte Schutzmaßnahmen helfen, Frostschäden am Stamm und an den Wurzeln zu verhindern und sicherzustellen, dass der Baum im Frühjahr kräftig und unbeschadet in die neue Vegetationsperiode starten kann. Ein gutes Verständnis der winterlichen Gefahren und der entsprechenden Schutzstrategien ist daher unerlässlich.

Die größte Gefahr im Winter geht nicht immer von der absoluten Tiefsttemperatur aus, sondern von einer Kombination verschiedener Faktoren. Starke Temperaturschwankungen, wie sie an sonnigen Wintertagen auftreten, wenn die Sonne den dunklen Stamm erwärmt, während die Umgebungstemperatur weit unter dem Gefrierpunkt liegt, sind besonders gefährlich. Diese Temperaturunterschiede führen zu Spannungen im Rindengewebe, die zu den gefürchteten Frostrissen führen können. Diese Risse sind nicht nur eine optische Beeinträchtigung, sondern auch ideale Eintrittspforten für Krankheitserreger wie den Kastanienrindenkrebs.

Eine weitere Gefahr stellt die Wintersonne in Verbindung mit gefrorenem Boden dar. Wenn die Sonne auf die Blätter (bei immergrünen Pflanzen) oder die Rinde scheint, wird die Photosynthese bzw. der Stoffwechsel angeregt und Wasser verdunstet. Kann der Baum jedoch aufgrund des gefrorenen Bodens kein Wasser über die Wurzeln aufnehmen, um diesen Verlust auszugleichen, droht er zu vertrocknen. Dieses Phänomen wird als Frosttrocknis bezeichnet und ist eine häufige Ursache für Winterschäden, insbesondere bei jungen Gehölzen an exponierten, sonnigen Standorten.

Kalte, trockene Ostwinde verstärken den Effekt der Frosttrocknis zusätzlich, indem sie die Verdunstung über die Rinde erhöhen. Der Wurzelbereich ist ebenfalls empfindlich, besonders bei frisch gepflanzten Bäumen. Tiefe Fröste ohne eine schützende Schneedecke können in den Boden eindringen und die oberflächennahen Feinwurzeln schädigen. Dies beeinträchtigt die Wasser- und Nährstoffaufnahme im folgenden Frühjahr und kann das Anwachsen des Baumes erheblich verzögern oder sogar verhindern.

Die Vorbereitung auf den Winter beginnt bereits im Spätsommer. Eine späte Düngung mit Stickstoff muss unbedingt vermieden werden, da dies das Ausreifen der Triebe behindert und sie weich und frostempfindlich macht. Eine kaliumbetonte Ernährung im Sommer hingegen fördert die Verholzung und erhöht die Frosthärte der Zellen. Ein gut etablierter Baum, der während der Vegetationsperiode optimal mit Wasser und Nährstoffen versorgt wurde, geht mit mehr Reservestoffen in den Winter und ist dadurch widerstandsfähiger gegen winterlichen Stress.

Schutzmaßnahmen für junge Bäume

Junge Edelkastanien sind in den ersten drei bis fünf Standjahren am stärksten gefährdet und benötigen daher einen umfassenden Winterschutz. Die wichtigste Maßnahme ist der Schutz des empfindlichen Stammes vor Frostrissen. Ein Weißanstrich des Stammes im Spätherbst ist eine einfache und sehr effektive Methode. Die weiße Farbe reflektiert das Sonnenlicht und verhindert so eine zu starke Erwärmung der Rinde, wodurch die gefährlichen Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht ausgeglichen werden.

Alternativ zum Weißanstrich können auch Schilf- oder Bambusmatten, Jutesäcke oder spezielle Stammschutzwickel aus Vlies verwendet werden, die locker um den Stamm gewickelt werden. Diese Materialien isolieren den Stamm und schützen ihn ebenfalls vor der intensiven Wintersonne. Es ist wichtig, dass diese Materialien luftdurchlässig sind, damit sich darunter keine Feuchtigkeit staut, die zu Fäulnis oder Pilzbefall führen könnte. Die Ummantelung sollte vom Stammgrund bis zum Kronenansatz reichen.

Der Schutz des Wurzelbereichs ist ebenso entscheidend. Vor dem ersten starken Frost sollte die Baumscheibe großzügig mit einer dicken Schicht Mulch abgedeckt werden. Eine 15 bis 20 Zentimeter hohe Schicht aus Laub, Stroh oder Tannenreisig wirkt wie eine isolierende Decke. Sie verhindert, dass der Boden zu tief durchfriert, schützt die Wurzeln vor extremen Minustemperaturen und reduziert die Verdunstung von Feuchtigkeit aus dem Boden. Eine vorhandene Schneedecke bietet den besten natürlichen Winterschutz und sollte auf der Baumscheibe belassen werden.

Bei Bäumen, die in Kübeln kultiviert werden, ist der Winterschutz besonders wichtig, da der Wurzelballen dem Frost von allen Seiten ausgesetzt ist. Der Kübel sollte an einen geschützten Ort, zum Beispiel an eine Hauswand, gerückt werden. Zusätzlich muss der Topf selbst dick eingepackt werden, beispielsweise mit Luftpolsterfolie, Jutesäcken oder Vlies, und auf eine isolierende Unterlage aus Holz oder Styropor gestellt werden, um die Kälte von unten abzuhalten. Auch hier ist die Abdeckung der Erdoberfläche mit Mulch oder Reisig unerlässlich.

Bewässerung im Winter

Das Thema Bewässerung im Winter wird oft vernachlässigt, ist aber für das Überleben des Baumes, insbesondere zur Vermeidung von Frosttrocknis, von großer Bedeutung. Auch im Winter verdunstet der Baum über seine Rinde Wasser. Dieser Wasserverlust muss ausgeglichen werden können. Das Hauptproblem ist nicht der Mangel an Wasser im Boden, sondern dessen Nichtverfügbarkeit, wenn der Boden gefroren ist.

Daher ist es entscheidend, den Baum vor dem Einsetzen von Dauerfrost, meist im Spätherbst, noch einmal durchdringend zu wässern. Dies füllt die Wasserspeicher im Boden und im Baum selbst auf und gibt ihm eine gute Reserve für den Winter. Ein gut gewässerter Baum geht deutlich robuster in die kalte Jahreszeit als ein Baum, der bereits unter Trockenstress leidet.

Während des Winters sollte an frostfreien Tagen, insbesondere bei längeren trockenen und milden Perioden, die Bodenfeuchtigkeit kontrolliert werden. Wenn der Boden aufgetaut und trocken ist, ist eine moderate Wassergabe sehr sinnvoll. Dies gilt insbesondere für junge Bäume, deren Wurzelsystem noch nicht so tief reicht. Die Bewässerung sollte idealerweise am Vormittag erfolgen, damit das Wasser Zeit hat, in den Boden einzusickern, bevor die Temperaturen nachts wieder unter den Gefrierpunkt fallen.

Bei Kübelpflanzen ist die winterliche Bewässerung noch wichtiger, da das begrenzte Substratvolumen sehr schnell austrocknen kann, besonders an sonnigen und windigen Tagen. Der Wurzelballen sollte niemals vollständig austrocknen. Eine Kontrolle alle ein bis zwei Wochen ist ratsam. Gegossen wird nur so viel, dass das Substrat leicht feucht ist; Staunässe muss auch im Winter unbedingt vermieden werden, da sie in Kombination mit Frost die Wurzeln besonders stark schädigt.

Umgang mit Winterschäden

Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen kann es gelegentlich zu Winterschäden kommen. Nach dem Winter, wenn keine starken Fröste mehr zu erwarten sind, sollte der Baum sorgfältig auf mögliche Schäden untersucht werden. Häufig sind die Spitzen junger Triebe zurückgefroren. Diese erfrorenen, meist braun oder schwarz verfärbten Triebspitzen sollten bis ins gesunde, grüne Holz zurückgeschnitten werden. Dies fördert den Neuaustrieb aus den darunterliegenden, intakten Knospen.

Frostrisse am Stamm sind ein ernsteres Problem. Kleinere, oberflächliche Risse können oft von selbst verheilen und werden vom Baum überwallt. Größere, tiefere Risse sollten beobachtet werden. Es kann sinnvoll sein, die Wundränder mit einem scharfen Messer sauber nachzuschneiden, um die Kallusbildung, also die Wundheilung, anzuregen. Das Auftragen von Wundverschlussmittel auf große Risse ist umstritten, kann aber helfen, das Eindringen von Feuchtigkeit und Krankheitserregern zu verhindern.

Schäden durch Frosttrocknis zeigen sich oft erst im Frühjahr, wenn der Baum nicht oder nur zögerlich austreibt. Ganze Äste können abgestorben sein. In diesem Fall wartet man am besten ab, bis der Austrieb vollständig erfolgt ist, um das Ausmaß des Schadens genau beurteilen zu können. Alle Triebe, die keine Lebenszeichen mehr zeigen, werden dann bis ins lebende Gewebe zurückgeschnitten. Ein vitaler Baum kann solche Schäden oft durch kräftigen Neuaustrieb aus dem älteren Holz kompensieren.

Die beste Reaktion auf Winterschäden ist die Stärkung des Baumes im folgenden Jahr. Eine gute Versorgung mit Wasser und eine moderate Düngung im Frühjahr helfen dem Baum, sich zu regenerieren und neue Reserven aufzubauen. Es ist wichtig, aus den aufgetretenen Schäden zu lernen und die Winterschutzmaßnahmen für den nächsten Winter entsprechend anzupassen, um eine Wiederholung zu vermeiden. Mit den Jahren wird der Baum robuster und die Notwendigkeit für aufwendige Schutzmaßnahmen nimmt ab.

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