Der regelmäßige Schnitt ist eine der entscheidendsten Pflegemaßnahmen, um den Kirschlorbeer zu einer dichten, formschönen und gesunden Pflanze zu erziehen. Ob als akkurat geschnittene Hecke, die einen perfekten Sichtschutz bietet, oder als charaktervoller Solitärstrauch – ohne einen gezielten Schnitt würde der Kirschlorbeer schnell seine Form verlieren und im unteren Bereich verkahlen. Viele Gartenbesitzer sind jedoch unsicher, wann und wie stark sie schneiden dürfen. Dieser Artikel führt dich umfassend in die Kunst des Kirschlorbeerschnitts ein, vom richtigen Werkzeug über den optimalen Zeitpunkt bis hin zu den verschiedenen Schnitttechniken für junge und alte Pflanzen.
Grundlagen des Schnitts: Werkzeug und Zeitpunkt
Die Wahl des richtigen Werkzeugs ist die erste Voraussetzung für einen gelungenen Schnitt. Für den Kirschlorbeer mit seinen großen Blättern ist eine manuelle Heckenschere oft die bessere Wahl als ein elektrisches oder motorbetriebenes Gerät. Elektrische Heckenscheren zerfetzen die Blätter häufig, was zu unschönen, braunen und vertrockneten Rändern führt. Eine scharfe, manuelle Schere hingegen ermöglicht einen sauberen, glatten Schnitt, der nicht nur besser aussieht, sondern auch schneller verheilt und weniger Eintrittspforten für Krankheitserreger bietet. Für dickere Äste im Inneren der Pflanze solltest du eine Astschere oder eine kleine Säge bereithalten.
Die Sauberkeit deines Werkzeugs ist ebenso wichtig wie seine Schärfe. Reinige die Klingen vor und nach dem Gebrauch und desinfiziere sie, insbesondere wenn du zuvor kranke Pflanzenteile geschnitten hast. Dies verhindert die Übertragung von Pilzkrankheiten wie der Schrotschusskrankheit oder anderen Infektionen von einer Pflanze zur nächsten. Eine einfache Desinfektion kann mit Spiritus oder speziellen im Fachhandel erhältlichen Mitteln erfolgen.
Der richtige Zeitpunkt für den Schnitt ist ein weiterer entscheidender Faktor. Der Hauptschnitt sollte idealerweise einmal im Jahr, Ende Juni um den Johannistag (24. Juni), erfolgen. Zu diesem Zeitpunkt hat der Kirschlorbeer seinen ersten Wachstumsschub des Jahres abgeschlossen, und ein Schnitt regt einen zweiten Austrieb (den Johannistrieb) an, der die Hecke schnell wieder blickdicht macht. Ein zu früher Schnitt im Frühling würde die oft unscheinbaren, aber für Insekten wertvollen Blüten entfernen.
Ein zweiter, leichterer Korrekturschnitt ist bei stark wachsenden Hecken im späten Winter, etwa Ende Februar an einem frostfreien, bedeckten Tag, möglich. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich die Pflanze noch in der Saftruhe, und der Schnitt bereitet sie optimal auf den Austrieb im Frühjahr vor. Vermeide Schnitte in der prallen Sonne, da die frisch geschnittenen Triebe und Blätter sonst verbrennen können, und schneide niemals bei Frost, da dies zu schweren Schäden am Gewebe führen kann.
Der Erziehungsschnitt bei jungen Pflanzen
Direkt nach der Pflanzung ist ein erster, mutiger Schnitt entscheidend für den späteren Aufbau einer dichten Hecke. Kürze alle Haupttriebe um etwa die Hälfte ein. Auch wenn dieser erste Schnitt radikal erscheint, ist er unerlässlich. Er nimmt der Pflanze die Spitzenlastigkeit und zwingt sie dazu, ihre Energie in die Bildung von Seitentrieben im unteren und mittleren Bereich zu stecken. Nur so entsteht von Anfang an eine dichte Basis und die Hecke verkahlt später nicht von unten.
In den ersten zwei bis drei Jahren nach der Pflanzung steht der sogenannte Erziehungsschnitt im Vordergrund. Ziel ist es, ein starkes, gut verzweigtes Grundgerüst aufzubauen. Schneide die Hecke in dieser Zeit mehrmals pro Jahr, aber jeweils nur mäßig. Kürze die neuen Triebe immer wieder um etwa ein Drittel bis die Hälfte ein, sobald sie eine Länge von 15 bis 20 Zentimetern erreicht haben. Dies fördert kontinuierlich die Verzweigung und sorgt für einen schnellen Dichteschluss.
Achte bereits beim Erziehungsschnitt darauf, die Hecke in der richtigen Form anzulegen. Eine Hecke sollte immer eine leicht trapezförmige Kontur haben, also unten etwas breiter sein als oben. Diese Form stellt sicher, dass auch die unteren Zweige und Blätter ausreichend Sonnenlicht erhalten. Würde man die Hecke oben breiter als unten schneiden (oder exakt senkrecht), würden die oberen Partien die unteren beschatten, was unweigerlich zu einer Verkahlung der Basis führen würde.
Lasse die Hecke in den ersten Jahren langsam auf ihre gewünschte Endhöhe wachsen. Schneide die Spitze erst dann auf die finale Höhe zurück, wenn die Hecke diese um etwa 10 bis 15 Zentimeter überschritten hat. Bis dahin werden die senkrecht wachsenden Leittriebe nur leicht eingekürzt, um die Verzweigung anzuregen. Mit dieser geduldigen Vorgehensweise legst du den Grundstein für eine stabile, gesunde und auf Jahrzehnte blickdichte Kirschlorbeerhecke.
Der jährliche Pflegeschnitt für Hecken und Solitäre
Sobald deine Hecke die gewünschte Höhe und Dichte erreicht hat, gehst du zum jährlichen Pflegeschnitt über. Dieser dient dazu, die Form zu erhalten und die Hecke gesund und vital zu halten. Der beste Zeitpunkt hierfür ist, wie bereits erwähnt, Ende Juni. Schneide dabei den gesamten Jahreszuwachs auf die gewünschte Heckenkontur zurück. Orientiere dich an der Form des Vorjahres und achte weiterhin auf die trapezförmige Struktur.
Spanne eine Schnur als Führung, um eine exakt gerade Oberkante und saubere Seitenflächen zu erhalten. Dies ist besonders bei langen Hecken eine große Hilfe und sorgt für ein professionelles Ergebnis. Arbeite dich von unten nach oben vor und kontrolliere dein Ergebnis immer wieder aus einiger Entfernung. So vermeidest du es, ungewollt Löcher oder Dellen in die Hecke zu schneiden.
Auch einzeln stehende Solitärpflanzen profitieren von einem regelmäßigen Pflegeschnitt, um ihre Form zu bewahren und dicht zu bleiben. Entferne dabei alle Triebe, die aus der gewünschten Kontur herauswachsen. Lichte den Strauch zusätzlich von innen etwas aus, indem du tote, beschädigte oder sich überkreuzende Äste direkt an ihrer Basis entfernst. Dies verbessert die Luftzirkulation im Inneren der Pflanze und beugt Pilzkrankheiten vor.
Sei beim Pflegeschnitt nicht zu zögerlich. Ein zu zaghafter Schnitt führt dazu, dass die Pflanze nur an den äußeren Spitzen neue Triebe bildet und im Inneren immer kahler wird. Ein kräftiger Rückschnitt in die letztjährigen Triebe hinein sorgt dafür, dass die Pflanze auch von innen heraus neu austreibt und ihre Dichte bewahrt. Der Kirschlorbeer ist sehr schnittverträglich und verzeiht auch einmal einen etwas stärkeren Rückschnitt.
Der radikale Verjüngungsschnitt bei älteren Pflanzen
Auch eine über Jahre gut gepflegte Kirschlorbeerhecke kann irgendwann zu hoch, zu breit oder im unteren Bereich kahl werden. Das Gleiche gilt für aus der Form geratene Solitärsträucher. In einem solchen Fall ist ein radikaler Verjüngungsschnitt, auch „auf den Stock setzen“ genannt, die richtige Maßnahme. Der Kirschlorbeer ist extrem schnittverträglich und treibt selbst nach einem Rückschnitt bis ins alte, dicke Holz zuverlässig wieder aus.
Der beste Zeitpunkt für einen solch radikalen Eingriff ist das späte Winterende oder das sehr zeitige Frühjahr, etwa von Ende Februar bis Anfang März, an einem frostfreien Tag. Zu diesem Zeitpunkt hat die Pflanze die größten Kraftreserven in den Wurzeln gespeichert, um einen kräftigen Neuaustrieb zu starten. Ein Verjüngungsschnitt im Herbst ist nicht zu empfehlen, da die Pflanze geschwächt in den Winter gehen würde.
Beim Verjüngungsschnitt schneidest du die gesamte Pflanze auf eine Höhe von etwa 30 bis 50 Zentimetern über dem Boden zurück. Verwende hierfür eine robuste Astschere oder eine Säge. Auch wenn der Anblick danach erschreckend kahl ist, habe Geduld. Innerhalb weniger Wochen wird die Pflanze aus den verbliebenen Stämmen und Ästen an zahlreichen Stellen neu austreiben. Der Neuaustrieb wird besonders kräftig und vital sein.
Nach einem Verjüngungsschnitt benötigt die Pflanze eine gute Nachsorge. Versorge sie im Frühjahr mit einer großzügigen Gabe Kompost und Hornspänen, um den kräftigen Neuaustrieb mit ausreichend Nährstoffen zu unterstützen. Halte den Boden gleichmäßig feucht, da die Pflanze viel Wasser für das neue Wachstum benötigt. Beginne bereits im ersten Jahr nach dem Schnitt mit dem Erziehungsschnitt des Neuaustriebs, um die Pflanze von Grund auf wieder dicht und formschön aufzubauen.