Der schnitt ist eine der wichtigsten und zugleich anspruchsvollsten pflegemaßnahmen in der kultur des quittenbaumes. Ein fachgerechter schnitt ist entscheidend, um eine harmonische und stabile krone aufzubauen, die vitalität des baumes zu erhalten, die qualität und quantität der früchte zu maximieren und krankheiten vorzubeugen. Im gegensatz zu vielen anderen obstbäumen ist die quitte jedoch etwas zurückhaltender im schnitt zu behandeln, da sie ihre früchte vorwiegend an kurzen seitentrieben des mehrjährigen holzes trägt. Ein zu radikaler rückschnitt würde also den ertrag für die kommenden jahre stark reduzieren. Die kunst besteht darin, das richtige gleichgewicht zwischen dem entfernen von altem holz und der förderung von neuem, fruchtbarem holz zu finden, um den baum langfristig gesund und ertragreich zu halten.
Der grundsätzliche zweck des schnittes bei quittenbäumen ist vielfältig. Zunächst dient er dem aufbau einer gut strukturierten und stabilen krone, die auch das gewicht einer reichen ernte tragen kann, ohne dass äste ausbrechen. Weiterhin zielt der schnitt darauf ab, die krone licht und luftig zu halten. Dies ermöglicht, dass die sonne alle teile des baumes erreicht, was für die ausreifung und das aroma der früchte essenziell ist und gleichzeitig die bedingungen für pilzkrankheiten verschlechtert, da die blätter nach regen schneller abtrocknen. Schließlich dient der schnitt der regulierung des gleichgewichts zwischen vegetativem wachstum (triebbildung) und generativem wachstum (blüten- und fruchtbildung), indem altes, ertragsschwaches fruchtholz entfernt und die bildung neuen, vitalen fruchtholzes angeregt wird.
Der beste zeitpunkt für den hauptschnitt ist die phase der vegetationsruhe, also nach dem laubfall im herbst bis zum späten winter, kurz vor dem neuaustrieb. Ein schnitt an frostfreien tagen im februar oder anfang märz ist ideal, da die wunden dann mit beginn des saftstroms im frühjahr schnell zu heilen beginnen. Ein sommerschnitt ist bei quitten ebenfalls möglich und dient vor allem der entfernung von steil nach oben wachsenden wasserschossen oder zur korrektur kleinerer fehlentwicklungen. Dieser schnitt bremst das wachstum und fördert die beruhigung des baumes.
Für den schnitt sollte ausschließlich scharfes und sauberes werkzeug verwendet werden, um glatte schnittflächen zu erzeugen, die gut verheilen und keine eintrittspforten für krankheitserreger bieten. Eine gute astschere für dünnere triebe, eine astsäge für dickere äste und eventuell eine teleskopschere für höhere partien gehören zur grundausstattung. Nach dem schnitt an kranken bäumen ist eine desinfektion des werkzeugs unerlässlich, um eine übertragung von krankheiten zu vermeiden. Größere schnittwunden mit einem durchmesser von mehr als 2-3 cm sollten mit einem atmungsaktiven wundverschlussmittel verstrichen werden, um sie vor austrocknung und infektionen zu schützen.
Beim schnitt selbst wird der ast immer leicht schräg und kurz über einer nach außen weisenden knospe oder einem seitentrieb abgeschnitten. Dadurch wird der neuaustrieb in die gewünschte richtung gelenkt, nämlich aus der krone heraus. Dickere äste werden „auf astring“ geschnitten, das heißt, der kleine wulst am übergang vom ast zum stamm bleibt stehen, da dieser bereich besonders heilungsfähiges gewebe enthält. Ein stummelschnitt, bei dem ein teil des astes stehen bleibt, sollte unbedingt vermieden werden, da diese stummel absterben und zu faulstellen werden können.
Der pflanz- und erziehungsschnitt
Der erste und wichtigste schnitt im leben eines quittenbaumes ist der pflanzschnitt, der direkt nach dem einpflanzen im herbst oder frühjahr erfolgt. Dieser schnitt ist entscheidend für die entwicklung einer stabilen und gut geformten krone. Bei der pflanzung wählt man einen kräftigen mitteltrieb, der die stammverlängerung bilden wird, sowie drei bis vier gut verteilte, starke seitentriebe, die später die leitäste der krone darstellen. Alle anderen triebe, insbesondere konkurrenztriebe zum mitteltrieb und zu steil stehende äste, werden direkt am stamm entfernt.
Die ausgewählten leitäste werden nun um etwa ein drittel bis die hälfte eingekürzt, und zwar alle auf etwa die gleiche höhe („saftwaage“). Dieser einkürzungsschnitt regt die verzweigung der leitäste an und sorgt für einen kräftigen austrieb. Der mitteltrieb wird ebenfalls eingekürzt, sollte aber etwas länger bleiben als die seitlichen leitäste, um seine dominanz zu erhalten. Dieser erste formschnitt mag radikal erscheinen, ist aber essenziell, um dem baum eine klare struktur zu geben und die energie in den aufbau des grundgerüstes zu lenken.
In den folgenden zwei bis drei jahren folgt der erziehungsschnitt, der das beim pflanzschnitt etablierte kronengerüst weiter ausbaut und festigt. Jedes jahr werden die verlängerungen der leitäste und des mitteltriebs wieder um etwa ein drittel eingekürzt, um eine weitere verzweigung und stabilisierung zu fördern. Nach innen wachsende, sich kreuzende oder zu dicht stehende triebe werden konsequent entfernt. Ziel ist es, eine pyramidenförmige oder offene vasenförmige krone mit klar definierten leitästen und genügend platz für die entwicklung von fruchtholz zu schaffen.
Während dieser erziehungsphase wird bereits die grundlage für den späteren ertrag gelegt. An den leitästen entwickeln sich seitliche fruchtäste. Auch hier wird korrigierend eingegriffen, indem man zu dicht stehende seitentriebe auslichtet. Nach etwa drei bis fünf jahren ist der grundlegende kronenaufbau abgeschlossen, und der baum geht vom erziehungsschnitt in den erhaltungsschnitt über. Eine sorgfältige erziehung in den ersten jahren erspart später aufwändige korrekturmaßnahmen und führt zu einem stabilen und langlebigen baum.
Der erhaltungsschnitt bei ertragsbäumen
Sobald der quittenbaum seine endgültige form erreicht hat und regelmäßig früchte trägt, geht es beim jährlichen schnitt hauptsächlich um die erhaltung der vitalität und die förderung der fruchtbarkeit. Der erhaltungsschnitt ist weniger einschneidend als der erziehungsschnitt und konzentriert sich auf das auslichten der krone. Das hauptziel ist, licht und luft in alle bereiche der krone zu bringen, um die fruchtqualität zu sichern und pilzkrankheiten vorzubeugen.
Bei diesem schnitt werden systematisch alle äste entfernt, die nach innen wachsen, sich mit anderen ästen kreuzen oder an ihnen reiben. Ebenso werden kranke, beschädigte oder abgestorbene äste bis ins gesunde holz zurückgeschnitten. Zu steil nach oben wachsende konkurrenztriebe zu den leitästen werden ebenfalls entfernt. Durch diese maßnahmen wird die kronenstruktur erhalten und verhindert, dass der baum im inneren zu dicht wird und vergreist.
Ein weiterer wichtiger aspekt des erhaltungsschnitts ist die erneuerung des fruchtholzes. Quitten tragen ihre früchte an kurzen trieben, die aus dem zwei- und mehrjährigen holz wachsen. Mit der zeit lässt die fruchtbarkeit dieser älteren holzpartien nach; die äste werden lang, hängen herab und bilden nur noch kleine früchte. Um dem entgegenzuwirken, werden solche vergreisten, überhängenden fruchtäste gezielt auf einen jüngeren, vitaleren seitentrieb zurückgeschnitten, der näher am leitast wächst. Dieser schnitt, auch „ableiten“ genannt, leitet den saftstrom in den jüngeren trieb um und regt ihn zur bildung neuen fruchtholzes an.
Diese verjüngung des fruchtholzes sollte behutsam und über mehrere jahre verteilt erfolgen. Jedes jahr wird nur ein kleiner teil des alten fruchtholzes entfernt, um den ertrag nicht zu stark zu beeinträchtigen und den baum nicht zu einem übermäßigen neuaustrieb (bildung von wasserschossen) zu provozieren. So bleibt der baum kontinuierlich produktiv und vital.
Der verjüngungsschnitt bei alten bäumen
Alte, lange nicht mehr geschnittene quittenbäume neigen dazu, eine sehr dichte, vergreiste krone mit viel totem holz zu bilden. Die fruchtproduktion lässt stark nach, und die wenigen früchte, die noch wachsen, sind klein und von schlechter qualität. Mit einem gezielten verjüngungsschnitt kann ein solcher baum oft revitalisiert und zu neuem wachstum und ertrag angeregt werden. Dieser schnitt ist jedoch ein starker eingriff und sollte umsichtig und über mehrere jahre verteilt durchgeführt werden, um den baum nicht zu überfordern.
Im ersten jahr konzentriert man sich darauf, die grundstruktur der krone wieder freizulegen. Dazu werden zuerst alle toten, kranken und sich stark kreuzenden äste entfernt. Anschließend wird die krone stark ausgelichtet, indem man einen teil der ältesten und dicksten äste, die kaum noch vitales holz tragen, komplett entfernt. Dieser erste, grobe auslichtungsschnitt bringt wieder licht und luft ins kroneninnere und regt den baum zu einem neuaustrieb an.
In den folgenden zwei bis drei jahren wird der verjüngungsschnitt fortgesetzt. Der baum wird auf den neuaustrieb reagieren, indem er viele neue triebe, darunter auch viele wasserschosse, bildet. Aus diesen neuen trieben werden nun die am besten positionierten ausgewählt, um eine neue, jüngere krone aufzubauen. Überflüssige, nach innen wachsende oder zu dicht stehende neuaustriebe werden entfernt. Die ausgewählten neuen triebe werden leicht eingekürzt, um ihre verzweigung zu fördern.
Nach und nach wird so das alte, vergreiste holz durch neues, junges und fruchtbares holz ersetzt. Ein solcher radikaler verjüngungsschnitt ist ein langfristiges projekt und erfordert geduld und gärtnerisches verständnis. Es kann einige jahre dauern, bis der baum wieder einen nennenswerten ertrag bringt. Doch die mühe lohnt sich oft, da so ein alter, charaktervoller baum im garten erhalten und wieder produktiv gemacht werden kann.
Spezielle schnittmaßnahmen: wasserschosse und sommerschnitt
Wasserschosse, auch wassertriebe oder geiltriebe genannt, sind ein häufiges phänomen bei obstbäumen, insbesondere nach einem starken rückschnitt. Es handelt sich um sehr schnell und steil nach oben wachsende, lange triebe mit großen blättern, die direkt aus älteren ästen oder dem stamm austreiben. Diese triebe sind vegetativ, das heißt, sie bilden keine blüten oder früchte, und entziehen dem baum unnötig wasser und nährstoffe, die für die fruchtentwicklung besser genutzt würden. Zudem verdichten sie die krone und beschatten die früchte.
Wasserschosse sollten daher möglichst frühzeitig entfernt werden. Der beste zeitpunkt hierfür ist der sogenannte „sommerriss“ im juni oder juli. Solange die triebe noch jung und nicht verholzt sind, lassen sie sich leicht mit einem kräftigen ruck von hand an der basis ausreißen. Der vorteil dieser methode ist, dass dabei auch die „schlafenden augen“ an der basis des triebes mit entfernt werden, aus denen im nächsten jahr neue wasserschosse treiben würden. Sind die triebe bereits verholzt, müssen sie mit einer schere sauber am astringschnitt entfernt werden.
Der sommerschnitt im allgemeinen ist eine gute ergänzung zum winterschnitt und dient der beruhigung des baumes. Während der winterschnitt das wachstum anregt, bremst der sommerschnitt es. Er eignet sich gut, um die krone auszulichten, konkurrenztriebe zu entfernen und die belichtung der früchte in der zweiten sommerhälfte zu verbessern. Ein leichter sommerschnitt kann auch die bildung von blütenknospen für das nächste jahr fördern.
Es ist jedoch wichtig, den sommerschnitt nicht zu spät im jahr durchzuführen. Er sollte spätestens anfang august abgeschlossen sein, damit die schnittwunden vor dem winter noch gut verheilen können. Ein zu später schnitt könnte den baum zudem zu einem neuaustrieb anregen, der nicht mehr rechtzeitig vor dem winter ausreifen kann. Der sommerschnitt ist also eine feine justierungsmaßnahme, während der eigentliche strukturbildende schnitt im winter stattfindet.