Die spektakuläre Blütenpracht der Dahlien hat ihren Preis: Da sie aus den warmen Regionen Mexikos stammen, sind ihre Knollen nicht winterhart und müssen in unserem Klima vor den eisigen Temperaturen des Winters geschützt werden. Die sorgfältige Überwinterung ist daher einer der wichtigsten und zugleich anspruchsvollsten Aspekte der Dahlienpflege. Eine erfolgreiche Lagerung sichert nicht nur das Überleben deiner wertvollen Sorten, sondern sorgt auch dafür, dass die Pflanzen im nächsten Jahr mit voller Kraft neu austreiben können. Fehler bei der Entnahme, Vorbereitung oder Lagerung der Knollen können schnell zu Fäulnis, Austrocknung oder Frostschäden führen. Dieser Leitfaden führt dich Schritt für Schritt durch den gesamten Prozess, damit deine Dahlienschätze sicher durch die kalte Jahreszeit kommen.
Der Prozess der Überwinterung ist ein Kreislauf, der mit der richtigen Vorbereitung der Pflanze im Herbst beginnt und mit dem Wecken der Knollen im Frühling endet. Es geht darum, den natürlichen Ruhezyklus der Pflanze zu verstehen und die optimalen Bedingungen für diese Ruhephase zu schaffen. Die Knollen sind die Überlebensorgane der Dahlie, in denen sie alle Nährstoffe und die Energie speichert, die sie für den Austrieb in der nächsten Saison benötigt. Unser Ziel ist es, diese Speicherorgane gesund, fest und frei von Krankheiten zu erhalten. Ein gut überwinterter Knollenhorst ist die Grundlage für eine noch prächtigere Dahlie im Folgejahr.
Der häufigste Fehler bei der Überwinterung ist die falsche Balance von Temperatur und Feuchtigkeit am Lagerort. Ist es zu warm und zu feucht, beginnen die Knollen zu schimmeln oder treiben vorzeitig aus. Ist es hingegen zu warm und zu trocken, schrumpfen sie, trocknen aus und verlieren ihre Lebenskraft. Ein zu kalter Lagerort birgt die Gefahr von Frostschäden, die die Knollen unwiderruflich zerstören. Den idealen, „kellerkühlen“ Ort zu finden, der sowohl frostfrei als auch nicht zu warm ist, ist die größte Herausforderung.
Geduld ist eine wichtige Tugend im Überwinterungsprozess. Die Knollen sollten so lange wie möglich im Boden bleiben, um vollständig auszureifen, dürfen aber keinesfalls starkem Frost ausgesetzt werden. Der erste leichte Frost ist oft das Signal, mit den Vorbereitungen zu beginnen. Er schädigt zwar das oberirdische Laub, schadet aber der Knolle im geschützten Erdreich in der Regel nicht. Dieser Kältereiz ist sogar nützlich, da er der Pflanze signalisiert, ihre Energie endgültig in die Knolle zurückzuziehen und sich auf die Winterruhe vorzubereiten.
Der richtige zeitpunkt für die entnahme der knollen
Den exakten Zeitpunkt zu bestimmen, wann die Dahlienknollen aus dem Boden müssen, ist entscheidend für eine erfolgreiche Überwinterung. Ein zu frühes Ausgraben, wenn die Pflanze noch in vollem Wachstum ist, führt zu unreifen Knollen, die weniger Nährstoffe gespeichert haben und anfälliger für Fäulnis und Austrocknung während der Lagerung sind. Ein zu spätes Handeln hingegen riskiert, dass die Knollen durch einen unerwartet starken Frost im Boden Schaden nehmen. Die bewährteste Methode ist, auf den ersten richtigen Nachtfrost zu warten.
Dieser erste Frost, der das Laub und die Stängel der Dahlie schwarz und matschig werden lässt, ist das unmissverständliche Zeichen der Natur, dass die Vegetationsperiode vorbei ist. Die oberirdischen Pflanzenteile sterben ab, aber die Knolle im Boden bleibt in der Regel unversehrt. Dieser Kältereiz fördert die endgültige Ausreifung der Knolle und die Bildung einer festeren Schale, was ihre Lagerfähigkeit verbessert. Handle also nicht überstürzt, sondern nutze dieses natürliche Signal.
Nachdem der Frost das Laub zerstört hat, schneide die Stängel auf eine Höhe von etwa 10 bis 15 Zentimetern zurück. Lasse die Knollen nach diesem Rückschnitt idealerweise noch etwa eine Woche im Boden. Diese Wartezeit hat zwei Vorteile: Zum einen können die Schnittstellen an den Stängeln abtrocknen, was das Eindringen von Fäulniserregern während der Lagerung erschwert. Zum anderen kann die Knolle in dieser Zeit noch letzte Reservestoffe einlagern.
Wähle für das Ausgraben selbst einen trockenen, idealerweise sonnigen Tag. Das Arbeiten in nassem, schlammigem Boden ist nicht nur mühsam, sondern erschwert auch die anschließende Reinigung und Trocknung der Knollen. Grabe mit einer Grabegabel oder einem Spaten in einem großzügigen Abstand rund um den Stängelansatz, um die fleischigen Speicherwurzeln nicht zu verletzen. Hebe den gesamten Knollenhorst vorsichtig aus der Erde und sei dir bewusst, dass die Verbindungen zwischen den einzelnen Knollen und dem Wurzelhals sehr brüchig sein können.
Vorbereitung der knollen für die lagerung
Nachdem die Knollenhorste erfolgreich aus dem Boden gehoben wurden, beginnt die sorgfältige Vorbereitung für die monatelange Lagerung. Der erste Schritt ist die Reinigung. Entferne die grobe Erde vorsichtig mit den Händen oder einer weichen Bürste. Es ist eine Streitfrage unter Gärtnern, ob die Knollen mit Wasser gewaschen werden sollten. Wenn der Boden sehr lehmig und klebrig ist, kann ein sanftes Abspritzen mit dem Gartenschlauch hilfreich sein. Allerdings müssen die Knollen danach umso gründlicher trocknen, da Restfeuchtigkeit die größte Gefahr für Fäulnis darstellt. In den meisten Fällen ist eine trockene Reinigung vorzuziehen.
Nach der Reinigung folgt eine gründliche Inspektion jeder einzelnen Knolle. Untersuche den Horst auf beschädigte, weiche oder faulige Stellen. Schneide alle kranken oder verletzten Teile mit einem sauberen, scharfen Messer großzügig bis ins gesunde Gewebe zurück. Entferne auch die feinen Haarwurzeln, da diese während der Lagerung ohnehin absterben und ein Nährboden für Schimmel sein können. Eine gesunde Knolle fühlt sich fest und prall an. Zögere nicht, stark befallene Knollen komplett zu entsorgen, um eine Ansteckung der gesunden Knollen während der Lagerung zu vermeiden.
Der nächste, entscheidende Schritt ist das Trocknen, auch „Curing“ genannt. Die Knollen müssen vor der endgültigen Einlagerung an der Oberfläche gut abtrocknen, um die Schale zu härten und überschüssige Feuchtigkeit zu entfernen. Lege die Knollen dazu an einen luftigen, kühlen, aber unbedingt frostfreien und vor Regen geschützten Ort, zum Beispiel in eine Garage, einen Schuppen oder einen überdachten Terrassenbereich. Platziere sie idealerweise auf Gitterrosten oder in luftdurchlässigen Kisten, damit die Luft von allen Seiten zirkulieren kann. Je nach Witterung und Luftfeuchtigkeit kann dieser Prozess einige Tage bis zu einer Woche dauern. Die Knollen sollten sich am Ende trocken anfühlen, aber nicht beginnen zu schrumpfen.
Bevor du die Knollen einlagerst, solltest du sie beschriften. Nichts ist frustrierender, als im Frühling vor einem Haufen anonymer Knollen zu stehen und nicht mehr zu wissen, welche Sorte welche ist. Verwende wasserfeste Etiketten, die du mit einem Draht oder einer Schnur direkt am verbliebenen Stängelrest befestigst. Notiere den Sortennamen und eventuell auch die Farbe oder Höhe. Diese kleine Mühe im Herbst erspart dir im Frühjahr viel Rätselraten bei der Beetplanung.
Optimale lagerbedingungen
Der Erfolg der Überwinterung steht und fällt mit dem richtigen Lagerort. Die idealen Bedingungen für Dahlienknollen sind ein Ort, der kühl, dunkel, frostfrei und mäßig luftfeucht ist. Die optimale Lagertemperatur liegt konstant zwischen 4 und 8 Grad Celsius. Temperaturen über 10 Grad können dazu führen, dass die Knollen vorzeitig austreiben, während Temperaturen unter dem Gefrierpunkt sie zerstören würden. Ein unbeheizter Keller, eine frostfreie Garage oder ein gut isoliertes Gartenhaus sind oft geeignete Orte.
Um die Knollen vor Austrocknung zu schützen, benötigen sie eine gewisse Luftfeuchtigkeit. Gleichzeitig darf es aber nicht zu feucht sein, da sonst Schimmelgefahr besteht. Um dieses Gleichgewicht zu halten, werden die Knollen am besten in ein isolierendes Material eingebettet. Bewährt haben sich Holzkisten, Pappkartons oder Kunststoffkisten, die mit trockenem Sand, Torf, Sägespänen oder Vermiculit gefüllt werden. Lege eine Schicht des Materials auf den Boden der Kiste, platziere die Knollen darauf, sodass sie sich nicht berühren, und bedecke sie anschließend vollständig mit dem Material.
Die Wahl des Einlagerungsmaterials hängt von den Bedingungen deines Lagerraums ab. In einem eher trockenen Keller kann leicht feuchter Sand oder Torf helfen, die Knollen vor dem Schrumpeln zu bewahren. In einem tendenziell feuchteren Raum ist trockenes, luftiges Material wie Sägespäne oder Vermiculit besser geeignet, um überschüssige Feuchtigkeit aufzunehmen und Schimmel vorzubeugen. Eine andere Methode ist, die Knollen einzeln in Zeitungspapier einzuwickeln und dann locker in Kisten zu schichten. Experimentiere, welche Methode für deine spezifischen Bedingungen am besten funktioniert.
Unabhängig von der gewählten Methode ist eine gute Luftzirkulation wichtig. Staple die Kisten nicht direkt an einer kalten Außenwand und sorge dafür, dass etwas Luft um sie herum zirkulieren kann, indem du sie beispielsweise auf Holzleisten stellst. Vermeide es, die Knollen in luftdichten Plastiktüten zu lagern, da sich darin Kondenswasser bilden würde, was unweigerlich zu Fäulnis führt. Der perfekte Lagerraum ist ein Kompromiss, der die Knollen in einen tiefen Winterschlaf versetzt, ohne sie zu schädigen.
Kontrolle und pflege während des winters
Die Arbeit ist mit dem Einlagern der Knollen noch nicht beendet. Es ist wichtig, die eingelagerten Schätze während der Wintermonate nicht komplett zu vergessen. Eine regelmäßige Kontrolle, etwa einmal im Monat, ist unerlässlich, um Probleme frühzeitig zu erkennen und darauf reagieren zu können. Nimm dir die Zeit, die Kisten zu öffnen und eine Stichprobe der Knollen zu inspizieren. Achte dabei auf zwei Hauptprobleme: Schimmelbildung und übermäßige Austrocknung.
Wenn du bei der Kontrolle Knollen entdeckst, die Anzeichen von Schimmel oder Fäulnis aufweisen, musst du sofort handeln. Nimm die befallenen Knollen aus der Kiste und schneide die fauligen Stellen großzügig mit einem sauberen Messer aus. Lass die Schnittstellen gut abtrocknen, bevor du die Knolle wieder einlagerst. Wenn eine Knolle stark befallen ist, ist es besser, sie zu entsorgen, um eine Ansteckung der anderen zu verhindern. Schimmel ist oft ein Zeichen für zu hohe Feuchtigkeit im Lagerraum oder im Einlagerungsmaterial. In diesem Fall solltest du für eine bessere Belüftung sorgen oder das feuchte Material austauschen.
Das andere Extrem ist das Austrocknen und Schrumpeln der Knollen. Wenn du feststellst, dass die Knollen stark an Volumen verlieren und eine faltige Haut bekommen, ist die Luftfeuchtigkeit im Lagerraum zu gering. In diesem Fall kannst du versuchen, das Einlagerungsmaterial (z.B. Sand oder Torf) ganz leicht mit einer Sprühflasche zu befeuchten. Sei dabei aber äußerst sparsam, um nicht das gegenteilige Problem, die Fäulnis, zu provozieren. Eine andere Möglichkeit ist, offene Wasserbehälter im Lagerraum aufzustellen, um die allgemeine Luftfeuchtigkeit zu erhöhen.
Sollten einige Knollen trotz optimaler Lagerbedingungen vorzeitig beginnen auszutreiben, ist das meist ein Zeichen für eine etwas zu hohe Temperatur. Wenn die Triebe noch klein sind, kannst du sie einfach abbrechen. Wenn es bereits gegen Ende des Winters ist, kannst du die Knollen auch in Töpfe mit Erde setzen und an einem hellen, kühlen Ort vortreiben. Diese regelmäßige Winterpflege sichert dir gesunde und startklare Knollen für eine prachtvolle Dahliensaison im nächsten Jahr.